Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4
Heilbutt. Steinbutt. 225
Nimmt man das Gebiß als Maßſtab an, ſo haben wir die Gattungen der Familie, bei denen Kiefer und Zähne auf beiden Seiten annähernd gleih entwi>elt ſind, obenan zu ſtellen. Demgemäß verdienen die Heilbutten (Wippoglossus) zuerſt erwähnt zu werden. Den beiden bekannten Arten dieſer Gattung ſind folgende Merkmale gemein: die Augen ſtehen auf der re<hten Seite; die Maulöffnung iſt weit, und die Zähne, die dein Gaumen- und Pflugſcharbeine fehlen und im Oberkiefer in doppelter Reihe ſtehen, ſind hier im vorderen Teile beſonders entwi>elt und kräftig, während dies im Unterkiefer für die Seitenzähne gilt; die Rückenfloſſe beginnt über den Augen und wird wie die Afterfloſſe dur< einfahe Strahlen geſtüßt. -
Vertreter dieſer Gattung iſt der Heilbutt, auh Heilig- oder Heiligenbutt, Nieſenſcholle und Pferdezunge, von den Engländern Halibut genannt (Wippoglossus yulgaris und maximus, Pleuronectes hippoglossus), ein Rieſe innerhalb ſeiner Familie; denn ſeine Länge ſhwankt zwiſchen 1,5 und 2 m und ſein Gewicht zwiſchen 100 und 200 ks. Pontoppidan ſpricht von einem Fiſche dieſer Art, der ein ganzes Boot bede>te, und andere Beobachter ſtrafen ihn niht Lügen. Die Färbung der Augenſeite ſpielt von Licht: zu Düſterbraun; die Blindſeite ſieht rein weiß aus. Die Rückenfloſſe ſüßen 104, die Bruſt: floſſe 16, die Bauchfloſſe 6, die Afterfloſſe 81, die Schwanzfloſſe 26 Strahlen.
Als die wahre Heimat des Heilbuttes hat man wohl das Eismeer anzuſehen, doh kommt der Fiſh allenthalben längs der nördlichen Küſten Europas, hier und da ſogar regelmäßig und teilweiſe häufig vor; er findet ſih aber auch, laut Günther, an den Küſten Kamtſchatfas und Kaliforniens und beſucht vorzugs3weiſe in einiger Entfernung vom Lande gelegene Bänke, die eine Waſſertiefe von 50—120 Faden haben. An den deutſchen Küſten kommt ex ſelten vor, zählt aber doh in der Nordſee zu den allen Fiſchern bekannten Arten und iſt ſelbſt in der Oſtſee, wenn au<h nur in der Kieler Bucht, gefangen worden.
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Die Butten (Rhombus) ſind die breiteſten aller Flachfiſche und zudem ausgezeihnet dur< Samt- oder Hechelzähne in den Kinnladen und am Schlunde, die ſehr lange Nükenfloſſe, die an dex weitmäuligen Schnauze beginnt, die große Afterfloſſe und die Beſchaffenheit der Strahlen beider, die geteilt ſind. Die Bauchfloſſen ähneln in ihrer Bildung den ſenktre<ht ſtehenden Hauptfloſſen. Die Augen liegen auf der linken Seite; der Raum zwiſchen ihnen iſt niedergedrü>t. Die kleinen Schuppen haben ganze Ränder.
Beim Steinbutt oder Turbot der Engländer (Rhombus maximus und aculeatus, Pleuronectes maximus, rhombus, tuberculatus und cyclops), der geſchäßteſten Art der Gattung, iſt die Augenſeite höckerig, die Färbung ein verſchiedenes Braun, das ſih auf den Floſſen lichtet; die Zeichnung beſteht aus verwaſhenen Marmel- und deutlicher vortretenden, größeren und fleineren lichten Fle>en; die Blindſeite ſieht gleichfarbig weiß aus. Die Länge kann mehr als 1 m, das Gewicht bis 35 kg betragen; Nondelet ver: ſichert aber, einen Steinbutt von 3 m Länge, 2 m Breite und faſt 1 m Die geſehen zu haben. Die erſte Rückenfloſſe enthält 64 die Bruſtfloſſe 12, die Bauchfloſſe 6, die Afterfloſſe 48, die Schwanzfloſſe 15 Strahlen.
Außer in der Nord- und Oſtſee wird der Steinbutt auh im Mittelländiſchen Meere gefangen. Am häufigſten erbeutet man ihn in der Nordſee und im Kanale ſowie an der Nordweſtküſte Frankreichs, an unſeren Küſten aber bei Oſtfriesland, um Norderney und Helgoland, in der Unterweſer und Geeſte, wogegen er an der ſ{hleswigſchen Weſtküſte nur
vereinzelt und in der Oſtſee eigentlich nur in der Kieler Bucht regelmäßig auftritt. Brehm, Tierleben. 3. Auflage. YI. 15