Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, page 287
Karpfen: Spielarten. Verbreitung. Aufenthalt. Nahrung. 249
geliefert werden, könnte ih zu wiederholten Malen Formen unterſcheiden, auf welche die Beſchreibung des Spigzkarpfens vollſtändig paßte.“ Genau dasſelbe gilt, laut Steindahner, für die vielen ſogenannten Arten, die von anderen Forſchern aufgeſtellt wurden: auch ſie ſind nichts anderes als Spielarten. Daß dieſe verſchiedenen Karpfenformen ſowohl in ſüdlihen als nördlihen, in weſtlihen wie öſtlihen Gegenden vorkommen, erklärt ſi<h dur die Leichtigkeit, gerade dieſen Fiſh zu verſenden und zu verpflanzen, ſowie durch die Annahme, daß gleihe Bedingungen und Urſachen dieſelben Erſcheinungen und Wirkungen hervorbringen mögen.
Der Karpfen war bereits den alten Griehen und Römern bekannt, wurde aber von ihnen minder geſhäßt als von uns. Einzelne Forſcher haben hieraus den S<hluß gezogen, daß er vom ſüdlichen Europa her in Deutſchland und Frankreich eingebürgert worden ſei; es läßt ſih jedo<h ebenſogut annehmen, daß er unſere größeren Ströme, mindeſtens die Donau, von jeher bewohnt haben möge. Nah Pallas findet er ſi< im Kaſpiſhen Meere und ſeinen Zuflüſſen in beträhtliher Menge, da er auh in den ſalzreihſten Sümpfen aushält; niht minder häufig kommt ex in den Flüſſen des Schwarzen Meeres, ſeltener in dieſem ſelbſt vor. Während des Sommers hält er ſi< maſſenhaft in den ſeihten Gewäſſern zwiſchen den Watten auf; im Herbſte ſteigt er vom Meere aus in den Flüſſen zu Berge, um hier zu überwintern. Jm nördlihen Rußland ſoll er fehlen; in Sibirien haben wir ihn als Bewohner des Obgebietes, insbeſondere des Jrtiſh, kennen gelernt, und ebenſo tritt er in den Flüſſen Sibiriens auf, die ſich na< Oſten hin in die betreffenden Zeile des Stillen Meeres ergießen. Daß er im nördlihen Europa eingeführt und weiter verbreitet worden iſt, unterliegt keinem Zweifel. Fn Altpreußen ſoll er erſt um das Jahr 1769 angeſiedelt, nah den Oſtſeeprovinzen Nußlands noch ſpäter gebracht worden ſein. Von Deutſchland und Dänemark aus hat man ihn auh in England und Schweden eingebürgert, in erſterem Königreiche um das Jahr 1496 oder, wie andere wollen, 1521, oder gar erſt, wie Günther anführt, im Jahre 1614. Nach demſelben Gewährsmanne iſt der Karpfen urſprünglich im Oſten heimiſh und kommt in China im wilden Zuſtande maſſenhaft vor; er wurde daſelbſt ſeit vielen Jahrhunderten gezähmt. Von dort wurde er nah dem Weſten gebraht, und von Europa iſt er in neuerer Zeit auh nah den Vereinigten Staaten von Nordamerika übergeführt worden. Gegenwärtig fehlt er kaum einem einzigen unſerer mitteleuropäiſhen Seen und Flüſſe; ſeine eigentlihe Bedeutung liegt jedo< in dem Umſtande, daß er ſi< ebenſo leicht oder leichter als irgend ein anderer Fiſch züchten läßt.
Seichte, ſhlammige, möglihſt wenig beſchattete, hier und da mit Waſſerpflanzen dicht beſtandene Teiche oder Seen ſagen ihm am beſten zu; niht minder gedeiht er in dem Altwaſſer der Flüſſe oder in dieſen ſelbſt, wenn ſie ruhig fließen und ſchlammigen Grund haben; ſ<nell ſtrömende, flare Gewäſſer meidet er gänzlich. Ex verlangt zu ſeinem Weidegebiete ſ<hlammigen Grund und gedeiht nur dann, wenn ſein Wohngewäſſer möglichſt viel den Strahlen der Sonne ausgeſett iſt und Zuflüſſe weihen Waſſers hat. Während des Sommers und nach der Fortpflanzungszeit mäſtet er ſih für den Winter und durchzieht zu dieſem Zwe>e, meiſt in dichten Scharen, die ſeichteren Stellen ſeiner Wohngewäſſer, zwiſchen den Waſſerpflanzen nah Kerbtieren und Gewürm ſowie nah Pflanzenſtoffen verſchiedener Art umherſpähend oder den Shlamm nach ähnlichen Stoffen durhwühlend. Seine haupt: ſächlichſte Nahrung beſteht wohl in kleinem Getier, namentlih in Würmern, Larven von Kerbtieren oder ſelbſt Lurchen und ähnlihen Waſſerbewohnern; er beſchränkt ſih jedodh keineswegs auf dieſe Nahrung, ſondern frißt auh ſehr gern Pflanzenſtoffe, vermoderte Teile der Waſſerpflanzen ſelbſt, faulige Früchte, gekochte Kartoffeln oder Brot 2c. Jn den Zuchtteichen pflegt man ihn mit Schafmiſt zu füttern, was ſtreng genommen ſo viel ſagen