Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5

Gemeiner Totengräber. 67

Faden hingehängt hatte, wel<her an einem Stabe befeſtigt war, brachten dieſen zu Falle, nachdem ſie ſi< überzeugt hatten, daß ſie auf gewöhnliche Weiſe am Aaſe nichts ausrihten konnten Sie wiſſen, um zur Beantwortung der aufgeworfenen Frage zurü>zukommen, re<t wohl, daß ihnen andere ihresgleichen, Aaskäfer verſchiedener Gattungen, beſonders auh große Schmeißfliegen zuvorkommen könnten, und um ihrer Brut in zärtliher Fürſorge hinreihende Nahrung und beſtes Gedeihen zu ſichern, darum ſtrengen ſie ihre Kräfte über die Maßen an: denn niht um ſih einen Le>erbiſſen zu verwahren, wie der geſättigte Hund, welcher einen Knochen verſte>t, begraben ſie das Aas, ſondern um ihre Eier daran zu legen. Als Freſſer findet man ſie mit zahlreichen Geſinnungs-, wenigſtens Geſhma>sgenoſſen: den bereits erwähnten Kurzflüglern, den weiterhin zu beſprehenden Silphen, Spe>käfern, Stußkäfern und zwiſchen einem unheimlichen Gewimmel widerlicher Fliegenmaden unter größeren, unbegrabenen Äſern, deren Knochen ſchließlich nur noh allein übrigbleiben. Jn unſerem Bilde „Wirkungen vereinter Kräfte“ (S. 65) iſt ein ſolher Maſſenangriff auf einen toten Vogel in ſeinem erſten Beginnen dargeſtellt, im weiteren Verlaufe würde er ſh aus äſthetiſhen Rückſichten für eine bildliche Darſtellung niht mehr eignen, und in dem Bilde „Aasinſekten“ (S. 70) findet ſih eine Anzahl der bekannteſten Formen vereinigt.

Es ward bisher vorausgeſeßt, daß die Bodenverhältniſſe für die Beerdigung ſich eigneten, dies iſt aber niht immer der Fall. Steiniges, hartes Erdreich, ein Untergründ mit verfilzter Grasnarbe würden den angeſtrengteſten Arbeiten der kleinen Minierer Hohn ſprechen. Sie ſehen dies bald ein und wählen auf dieſe Weiſe gebettete Leichen für ihre eigne Ernährung und niht für ihre Brut, haben aber auh in ſolhen Fällen weitere Beweiſe für ihre geiſtige Befähigung abgelegt. Man hat beobachtet, wie ſie dur< Unterfriehen und Zerren von außen nah ein und derſelben Richtung hin den kleinen toten Körper eine Strecke fortbewegt haben, bis er auf einer benachbarten, ihren Zwe>en entſprechenden Unterlage angelangt war.

Iſt endlih mit größeren oder geringeren Hinderniſſen, immer aber mit dem Aufgebote aller Kräfte, die Beerdigung bewerkſtelligt, ſo erfolgt die Paarung, und das Weibhen verſ<hwindet wieder in der Erde, wo es unter Umſtänden 5—6 Tage unſichtbar bleibt. Kommt es dann wieder hervor, ſo pflegt es kaum mehr kenntlih zu ſein, weil es über und über von kleinen, a<htbeinigen, rötlihgelben Milben (Gammasus coleopterorum) bewohnt wird. Es hat ſein Geſchi> erfüllt, auf ihm nimmt nun ein anderes Geſchöpf Plat und erfreut ſi< in ſeiner Weiſe der Annehmlichkeiten des kurzen Daſeins. Wollen wir aber ſelbſt ſehen, wie unſer beweglicher Käfer mit ſeinen orangenen Binden und der goldigen Halskrauſe zu ſtande kam, ſo wird es Zeit, eine unſaubere Arbeit vorzunehmen und die Maus, die er mühſam verſenkte, wieder zu Tage zu fördern, in ein Glas mit der nötigen Erde, und zwar ſo zu bringen, daß ſie zum Teil an die Wand des Gefäßes zu liegen kommt, um geſehen werden zu können; denn na<h weniger als 14 Tagen friehen die Larven aus den Eiern. Die weitere Beobachtung derſelben, wie ſie ſi<h unter ſ<langenartigen Windungen ihres Körpers im Kote wälzen und an den damit innig verbundenen Erdklümpchen wie die Hunde an einem Knochen herumzauſen, bietet zu wenig des Äſthetiſchen, um eine weitere Ausführung zu geſtatten. Jn kurzer Zeit und nach mehrmaligen Häutungen haben ſie ihre vollkommene Größe erreicht, in der wirx eine Larve dargeſtellt haben. Jhre Grundfarbe iſ ſ{hmutig weiß, die ſehs ſhwachen, einklauigen Beine, der Kopf mit viergliederigen Fühlern und den mäßigen Kinnbaen ſind gelblichbraun, ebenſo die fronenförmigen Nückenſchilde, welche an den Vorderrändern dex Glieder aufſizen und beim Fortkriehen mit ihren Spißen zum Stüßen und Anſtemmen dienen. Vom Kopfe ſei nur no< bemerkt, daß hier eine Oberlippe vorhanden iſ und die ſehs

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