Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5

Miſt-Stußkäfer. Hetaerius sesquicornis. 71

ausſtülpbaren After zum Nachſchieben den Larven der Staphylinen an. Die ungewöhnlich furzen und zugleih dünnen Beine ſind dem Außenrande nahe gerü>t und laufen in eine faſt borſtenförmige Klaue aus. Am Kopfe fehlen Oberlippe und Punktaugen, dagegen niht die dreigliederigen Fühler mit langem erſten und kurzem leßten, nah innen gekrümmtem Gliede. Die ſtarken, in der Mitte gezahnten Kinnba>en krümmen ſich ſichelartig, und die freien Kinnladen tragen dreigliederige Taſter; zweigliederige finden ſi<h an der zungenloſen Unterlippe auf unter ſi<h verwachſenen, an der Wurzel hornigen, an der Spiße fleiſchigen, frei vorſtehenden Stämmen. Wegen der unmerkli< kleinen Mundöffnung kann die Nahrung, die gewiß aus lebenden wie toten Tieren und verweſenden Pflanzenſtoffen beſteht, nux ſaugend aufgenommen werden.

Der Miſt-Stußkäfer (Œister fimetarius oder sinuatus) gehört zu denjenigen Familiengliedern, welche den Kopf in einen gerundeten Vorſprung der Vorderbruſt zurückziehen fönnen. Unter einemStirnrande lenken die gebrochenen, in eine ovale, dreigliederige Keule endenden Fühler ein, und leßtere kann in eine Grube am Vorderrande der Vorderbruſt verborgen werden. Drohend ragen, ſ{<hräg na< unten gerichtet, die in der Mitte gezahntien Kinnbacfen weit hervor. Der Steiß fällt ſhräg na< hinten ab, und die hinterſten Schienen bewehren an der Außenſeite zwei Dornenreihen. Dies alles gilt von jedem Hister, die ſi zahlreich über die ganze Erde ausbreiten. Die genannte Art erkennt Ma QI Miſt-Stußkäfer (Hister fimetarius) nebſt Larve. einem fleinen, gerundeten Fortſaze am Natürliche Größe.

Hinterrande der Vorderbruſt, welcher

in eine Ausrandung der Mittelbruſt paßt, an nur einem Seitenſtreifen des Halsſchildes, an der deutli punktierten Vertiefung auf dem umgeſchlagenen Seitenrande der Flügeldeen, welche auf dem Rücken drei ganze Streifen nach außen, einen in der Mitte aufhörenden neben der Naht haben und mit einem roten Fle>en gezeichnet ſind, deſſen Form unſere Abbildung vergegenwärtigt. Der Miſt-Stußkäfer lebt vorzugsweiſe auf tro>enen, ſandigen Triften im Miſte und begegnet uns wohl auh einmal auf einem Feldwege in ſ{<werfälligem Marſche, häufiger jedo<h breitgetreten, weil er der Fußſohle des unachtſamen Wanderers durch ſein „Stußen“ nicht parieren konnte.

Der zierliche, bloß 2,25 mm lange, glänzend roſtgelbe Hetaerius Ses quicornis oder quadratus, welcher mit einzelnen aufgerichteten Haaren beſeßt ift, verdi>te Seiten des Halsſcildes und fein geſtreifte Flügelde>en hat, lebt bei Ameiſen, vorherrſchend in den Kolonien der Waldameiſe (Formica rufa), entſchieden aber unter anderen, weniger abhängigen Verhältniſſen als die Keulenkäfer, da man ihn auch ohne Ameiſen unter Steinen angetroffen hat, wo wahrſcheinlih früher ſolhe gehauſt haben. Die Sammler, welche ſich der ſogenannten „Myrmekophilen“, d. h. derjenigen Käfer befleißigen, welche nur in Ameiſ enneſtern zu treffen ſind, ſieben die ganze Ameiſenkolonie mit einem Drahtſiebe, dur welches die Ameiſen nicht gehen, aus, tragen das Ausgeſiebte in leinenen Sächen heim, um dort die Ergebniſſe ihrer Arbeit in aller Bequemlichkeit zu durhmuſtern, und wählen am paſſendſten die Monate März und April und die genannte Ameiſenart zu dieſer mühevollen und unbehaglihen Fangmethode, weil zu dieſer Jahreszeit die Ameiſen noh träge und weniger biſſig ſind. Von