Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5, page 765

Körperbau am Feldſkorpion erläutert. Entwickelung. 685

Der Darm der Skorpione, um auch der inneren Organiſation flüchtig zu gedenken, ſtellt ein einfaches, ziemlih walziges Rohr dar, welches an der Spiße des vorleßten Shwanzfnotens na< außen mündet. Das achtkammerige Rückengefäß bildet ein wahres Herz, welches niht nur aus ſeinem vorderen und hinteren Ende, ſondern auch beiderſeits ſtarke Adern (Arterienſtämme) na< den Hinterleibsorganen, beſonders aber nah den Atmungswerkzeugen abgibt, und welhem das aus dem Körper zurü>laufende Blut dur<h beſondere Adern (Venen) wieder zugeführt wird. Es findet mithin ein völliger Kreislauf ſtatt, in einer Vollkommenheit wie bei feinen anderen Gliederfüßern, und ein damit verbundenes Atmen dur< Lungen. Dieſelben beſtehen aus vier Paaren dünnhäutiger Säde, deren Außenſeiten dicht aneinander liegende Falten, die ſogenannten Lungenplatten, bilden. Auf den großen Nervenknoten im Kopfbruſtſtü>, welcher Taſter und Beine mit Nervenäſten verſorgt, folgen noch ſieben kleinere, von denen die vier leßten dem Schwanzteil angehören. — Die weiblichen Fortpflanzungswerktzeuge liegen als drei enge, dur<h Querröhren verbundene Längsſchläuche im Hinterleib und dienen niht nur den aneinander gereihten Eiern, ſondern auh den Jungen zur Entwi>elungsſtätte. Es gebären nämlich, wie {hon Ariſtoteles wußte, die Skorpione lebendig. Jn den erſten Wochen ſcharen ſih die weichhäutigen und blonden Jungen .um die Mutter, ohne daß man ſie ſih ernähren ſieht. Jene magert immer mehr ab und ſtirbt, ſobald ſih dieſe in größerer Selbſtändigkeit zerſtreuen. Es gewährt einen ganz eigentümlichen Anbli>, eine Mutter an allen ihren Körperteilen von ihrer zahlreichen Familie (20—50) in den verſchiedenſten Stellungen beſeßt zu ſehen, und das friedliche Beiſammenſein von Tieren zu beobachten, deren innerſter Natur im übrigen jede Geſelligkeit widerſtrebt.

Man hat die verſchiedenſten Verſuche angeſtellt, um die Zwiſchenräume zwiſchen den Häutungen und die Lebensdauer der Skorpione zu ermitteln, aber immer erfolglos, weil ſie ſi<h in der Gefangenſchaft mit der Zeit trog reihlihen Futters nicht wohl befinden. Füßly hatte einige ſ{hweizeriſhe Skorpione, die er ihres di>en Leibes wegen für befruchtete Weibchen hielt, ſorgfältig gepflegt. Vier Monate hatte er vergeblih gewartet, als er zu Anfang des Auguſt das eine über und über mit weißen, an der Shwanzſpiße und um die Augen etwas bräunlichen jungen Skorpionen, etwa 20 an der Zahl, beſeßt fand, die bis auf die hellere Farbe und die geringere Größe der Mutter vollkommen gleich gebildet waren. Sie ſaßen feſt an ihr, die einen erſchienen bald auf dem Rücken bald wieder am Bauche, und nie ſah er einen losgehen, ſo munter ſie umherkrochen; vielleicht eine Wirkung der Kämme. Ungefähr 12 Tage nah ihrer Geburt häuteten ſie ſih zum erſten Male und bekamen eine etwas dunklere Farbe, fingen nun an, die Mutter zu verlaſſen und ſi< überall im Glaſe zu zerſtreuen, in welchem bei mulmigem Holze die Familie gefangen gehalten wurde. Die Alte ſtarb alsbald ſehr abgemagert; ebenſo ging es einer anderen, die nur vier Kinder geboren hatte, obgleih ſie reihli<h mit Kelleraſſeln verſorgt wurde, bei welchem Futter ſie ſi< 6 Monate lang ſehr wohl befunden hatte. Die jungen Tiere blieben munter, ihre Zahl verminderte ſi<h aber, wahrſcheinli<h durch gegenſeitiges Auffreſſen, obwohl ihnen andere Nahrung nicht fehlte. Es ließen ſih keine abgeſtreiften Häute entde>en. Nah 8 Monaten war keins über die Hälfte größer geworden die Farbe no< eben dieſelbe, nur an den Scheren mehr in Rot verwandelt. Daß die Skorpione ſehr langſam wachſen und für einen Gliederfüßer ziemlih lange leben, geht aus dieſen und anderen Verſuchen zur Genüge hervor.

Die Skorpione unterſcheiden ſih äußerlich durch die geſtre>tere oder gedrungene Form der Scheren, durch die Schlankheit oder Dicke des Schwanzes und durch die hellere oder dunklere Farbe des glätteren oder rauheren Körpers. Obgleich die bishex bekannt gewordenen Arten die Zahl 100 no< niht erreihen, wurden ſie doh ſhon früher von