Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

Seeraupen. Neveïden, Palolowurm. 119

Nereis incerta läßt die mittleren (a) und äußeren (b) Fühlhörner ſowie zur Seite die Kopfſühlfäden (e) ſehen. Der ausgeſtülpte Rüſſel trägt die beiden großen Zangenkiefer (d)/ welche ſich, wie die Mundwerkzeuge der Gliedertiere, horizontal gegeneinander bewegen, und mehrere Gruppen kleiner Zähnchen (e). Eine Neihe von Gattungen ſchließt ſich durch das Vorhandenſein der di>en, äußeren Fühlhörner an Nereis an, von welcher man über 80 Arten kennt.

Die Geſchlechtsverhältniſſe der Nereiden bieten einige ſonderbare und noch niht ganz aufgeklärte Punkte. Man unterſchied früher eine beſondere Gattung Yeteronereis, welche von den Mitgliedern der Gattung Nereis dadurch abwich, daß ſie am Kopfende umſangreichere Taſtorgane und Sehwerkzeuge hatte. Außerdem waren ihre Ruder ſtärker entwidelt, und im hinteren Zweidrittel des Körpers ſind die Segmente weniger hoh als im vorderen und tragen an den Rudern weit längere Borſten. Die Umbildung der Nereis in eine Heteronereis geſchieht vor Eintritt der Geſchlecht8reife.

Jn anderen Fällen verhalten ſih Fndividuen derſelben Art (z. B. Nereis Dumerilü) verſchieden: die einen werden ohne weitere Veränderungen geſ<hle<htsreif, andere aber werden vorher erſt zu einer Heteronereis, und daneben gibt €s noh eine dritte, zwitterige Form.

Mit den Nereiden verwandt iſt auch der intereſſante Pa-

lolowurm (Palolo viridis) von der ECamoa-FJnſelgruppe, über den uns mehrere Berichte, beſonders die von Stair und Powell, vorliegen. Jn jedem Fahre erſcheint das Tier in 2 Monaten hintereinander, im Oktober und November, in unermeßlihen Scharen an gewiſſen Punkten des Geſtades von Samoa, jedo< iſt der zweite Schwarm noh größer als der erſte, und nennen die Eingeborenen dieſen Mblalolo levu, jenen Mblalolo lailai (d. h. kleine und große Palolo- Zeit). Beide Shwärme ſtellen ſi< am 0 Tage vor dem lezten Mondviertel und an dieſem Tage gopyf von bereis incerta. 4mal vergrößert. ſelbſt ein und namentli<h an dem leßteren in ſo unglaubli großen Scharen, daß das Meer weit hinaus nur aus ihnen zu beſtehen ſcheint. Dev Fidſchiüinſulaner ſagt, daß, wenn die ſcharlahroten Blumen eines zu den SchmetterlingS8blütern gehörenden Strauches (Erythrina indica) ſi< entfalten, die Zeit des Mblalolo naht, und wenn die Siſi (eine myrtenartige Eugenia-Pflanze) anfängt zu blühen, wird es Zeit, Ausſchau zu halten na< dem Monde. Wenn dieſer bei Tagesanbruch ganz tief am weſtlichen Horizont ſteht, dann dauert es no< 10 Tage bis zur geſegneten Zeit des Vblalolo. Und geſegnet iſt die Zeit für die braunen Fnſelbewohner. Die Würmer erſcheinen mit dem Grauen des Morgens, ihr Gewimmel nimmt zu und wird am ſtärkſten bei Sonnenaufgang, aber nah 2—3 Stunden iſt alles verſchwunden. Alt und jung hat ſi<h am Strande eingeſtellt und geht unter fröhlihen Scherzen dem Ernteſegen, den ihnen das Meer bietet, in das Waſſer am Geſtade entgegen. Mit zierlich gearbeiteten Körbchen fiſchen ſie den Mblalolo aus dem Waſſer, verzehren die Würmer roh oder wideln ſie in friſche Blätter, um ſie zu ba>en und als höchſte Delikateſſe mit Entzücken zu genießen. Handelsleute haben fich eingeſtellt und kaufen auf, um auch die Einwohner der entfernter liegenden Gegenden der JFnſel, denen am Feſte ſelbſt teilzunehmen niht mögli<h war, mit dem Le>kerbiſſen zu verſorgen.

Ganze Würmer ſcheinen ſi niht unter der Maſſe zu finden, es ſind lebende Bruchſtüde von 2—20 mm Länge, und nur ſelten iſt eins davon mit einem Kopfe verſehen. Die Tiere ſind getrennt geſ<hle<tlih, gelblihweiß bis o>ergelb ſind die männlichen, ſhmußig