Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

128 Würmer. Vierte Klaſſe: Ringelwürmer; erſte Unterklaſſe: Borſtenwürmer.

verſchaffen, ein Stückchen Di>glas bot und ſah, wie dasſelbe vom Kopflappen ergriffen und gegen die Mundöffnung gedrü>t wurde, und wie dasſelbe, als ih es ſofort von dort entfernte, einen häutigen Überzug trug, der mit dem beim Bau benußten Kitte übereinſtimmt und den vom Tiere bereiteten Teil der Röhrenwand darſtellt. Das mit Kitt verſehene Stü> aber wird von den Vauchſchildern und dem Kopflappen an die vom Wurme erwählte Stelle eingeſeßt, ſei es, daß der Rand des Röhreneinganges im ganzen vergrößert oder mit fadenförmigen Anhängen beſeßt wird, ſei es, daß Verleßungen in der Röhre, wie ih ſolche dur< Ausſchneiden kleiner Stre>en herſtellte, auszubeſſern ſind.“

Die ſeltſamen ſelbſtverfertigten Anhänge am Eingang der Röhre haben bei manchen Arten ein merkwürdig ſymmetriſches Anſehen und beſtehen dann hauptſählih aus dem verhornten Sekret der Hautdrüſen mit nur wenig Fremdkörpern. Ein ſolches Gebilde iſt einmal als Hornſhwamm beſchrieben worden, ein Schiclſal, das übrigens auh den Ei: fokfons der Blutegel widerfahren iſt.

Laſſen wir uns noch eine Terebellenart, die Töpferin (Terebella figulus), bei ihrem Röhrenbau ſchildern, und zwar von Rymer Jones. Jhr Baumaterial iſt Schlamm. Nimmt man das Tier aus der Nöhre, ſo zieht und wi>elt es ſi< eng zuſammen. Sehr bald aber beginnen die Fühlſäden rundum zu ſuchen, alles, was ſie erreihen fönnen, heranziehend. Hatte ſie, wie andere Arten, am Morgen der Ruhe gepflegt, ſo arbeitet die Terebelle in der Zeit des Tages, am emſigſten gegen Abend. Eine Anzahl Fühlſäden ergreifen Schlamm, andere Sandkörner, andere langen na< Muſchelſtü>chen, und das auf dieſe Art Geſammelte wird durch die Zuſammenziehung der einzelnen Fühler an den Körper herangebracht. Während dieſer Arbeit der Fühlfäden bläht ſi<h der Vordertörper etwa 15—20mal in der Minute auf, und ebenſo oft geht eine wellenförmige Bewegung von hinten na< vorn. Dann kommen 10—12 Partikelchen des Baumaterials zum Vorſchein, wahrſcheinli<h, nahdem ſie im Munde zugerichtet worden ſind, und werden an Den Nand der Röhre angefügt. Dabei ſcheint die Unterlippe den neuen Teil auf und ab zu glätten oder auh mit der übrigen Röhre zu verleimen. So viel ſcheint außer Zweifel, daß die Baumaterialien zuerſt verſhlu>t werden.

„Die Fühlfäden der Töpferin wechſeln an Zahl zwiſchen 25 und 50; ſie ſind ziemlih ſtark und meſſen vollſtändig ausgedehnt wenigſtens 9 Zoll, ungefähr zweimal die Länge des Körpers, ſo daß ſie über einen bedeutenden Raum umherlangen fönnen. Mehr zuſammengezogen haben ſie eine bräunliche oder farminrötlihe Farbe, ausgedehnt gleichen fie einem weißlihen Pferdehaar.

„Es iſt erſtaunlih, wie die Aufmerkſamkeit einer ſo kleinen Künſtlerin zu gleicher Zeit auf ſo verſchiedene Verrichtungen gewendet ſein kann. Ein Teil der Fühler fut Material, ein anderer ſammelt und ergreift es, ein dritter bringt es nah dem Gehäuſe; einige ſeßen ihre Ladung ab, wieder andere erfaſſen die Laſt, die ſie haben fallen laſſen, und die Künſtlerin ſelbſt iſt während dieſer ganzen Zeit eifrig beſchäftigt, Material im Munde zu kneten, es wieder von ſih zu geben und an ſeinen Plat zu bringen oder die noch rohe, eben aufgeführte Wand zu glätten.“

Die ebenfalls ſehr gemeine Terebella nebulosa, ſo genannt, weil ſie ſi< mit dem Gewirr ihrer rötlichen Fühlfäden wie mit einer de>enden Wolke umgeben fann, leimt ſi zu temporärem Aufenthalt unter den Uferſteinen ſehr zerbre<hlihe Röhren und [aubenartige Gänge, die man häufig verlaſſen findet. Geſchi>ter und beweglicher als ihre Schweſtern, fann ſie, in einem Geſäß gehalten, ihre Fühlfäden, wie Quatrefages ſi< ausdrüd>t, als lebendige Seile benußen und ſi daran wie Münchhauſen an ſeinem Zopſe in die Höhe ziehen.

LME EE LA A OCIO