Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

138 Würmer. Vierte Klaſſe: Ringelwürmer; zweite Unterklaſſe: Glattwürmer.

erregen. Jndeſſen bilden dieſe allbekannten und beſonders gierigen Vertreter ihrer Abteilung doh nur eine geringe Zahl, und unter den übrigen können vielé dur< Eleganz der Form und Zeichnung eine lebhaftere und befriedigendere Berückſichtigung beanſpruchen. Als Teil vom Ganzen betrachtet, füllen aber die Egel auch ihre Stelle im großen Haushalt der Natur aus, und wenn auch weniger durch auffallende und eigentümliche Lebensgewohnheiten ausgezeihnet, helfen ſie uns unter anderem zum Verſtändnis einer großen Gruppe von wahren Eingeweidewürmern. Za, ſo eng iſt die aus dem Bau und der Lebensweiſe hervorgehende Verbindung der Egel mit den ſogenannten Saugwürmern, daß man mit vollem Rechte dieſe leßteren, ungegliederten Würmer mit den Egeln zu einer Klaſſe vereinigen kann.

Daß übrigens die Egel wahre gegliederte Würmer ſind, lehrt die oberflächlihe Betrahtung der Körperringelung irgend eines derſelben, und die Anatomie weiſt ferner nach, daß auch jene charakteriſtiſche Eigenſchaft der Borſtengliederwürmer ihnen im vollen Maße zukommt, wonah au die wichtigeren inneren Organe ſi in den aufeinander folgenden Segmenten wiederholen. Die gänzliche Abweſenheit von Fußſtummeln und Borſten ſowie der Beſiß von Saugnäpfen meiſt am Vorder- und immer am Hinterende charakteriſiert fie als beſondere Abteilung, als welche ſie auch oft Glattwürmer genannt werden.

Wiſſenſchaftlich und praktiſch liegt es nahe, mit der Familie der eigentlichen Blutegel (Hirudinea) zu beginnen. Nicht die ſchmalen, äußerlich ſichtbaren Ringel ſind bei dieſen und anderen Egeln die eigentlichen Segmente, ſondern, wie aus der Verteilung und Wiederholung der inneren Organe hervorgeht, bilden erſt 4—5 Ringel ein ſolches. Dex Kopflappen iſt mit dem Mundſegment zu einer geringelten Haftſcheibe verſhmolzen. Dex hintere Saugnapf iſt meiſt deutlih vom Körper abgeſhnürt, und oberhalb desſelben mündet der Darm. Der Schlund kann ſo weit umgeſtülpt werden, daß drei, oft gezähnelte musfulöſe Falten zu Tage treten.

Wir beſchäftigen uns zunächſt etwas eingehender mit den mediziniſ<hen Blutegeln, den Arten von Hirudo, die zur Öffnung der Wunde, aus der ſie Blut ſaugen wollen, mit zahlreichen ſpißen Zähnchen auf den halbkreisförmigen Kieferfalten ausgeſtattet ſind, wie ſie ſi< ferner dur< die bedeutende Weite ihres mit zahlreihen Seitentaſchen ver: ſehenen Magens auszeihnen. Wir müſſen jedo< dieſe und andere Eigentümlichkeiten ihres Baues näher betrachten. Die mediziniſchen Blutegel beſißen zehn Augen, welche, wie der nebenſtehende Umriß (Fig. 2) zeigt, über die vorderen acht Ringe paarweiſe verteilt ſind. Das Mikroſkop lehrt , daß der Kopſrand des Egels noch eine Menge ſehr eigentümlicer, becherförmiger Organe trägt, welche, nah ihrer Beſchaffenheit und ihrem Nervenreichtum zu ſchließen, beſondere Sinneswerkzeuge zu ſein ſcheinen. Ob damit die Kopſſcheibe zu einem ſehr empfindlichen Taſtorgan gemacht iſt, oder ob die Becher eine Art von Geru<s- oder Witterungsorganen ſind, iſt ſchwer zu entſcheiden, doch iſt das leßtere das wahrſcheinlichere.

Die ſogenannten Kiefer der Blutegel beſtehen aus einer halbkreisförmigen, feſten Muskelmaſſe. Die Muskelfaſern kreuzen ſich ſo, daß die Kiefer nah Art einer Schrotſäge bewegt werden und die 60—70 auf der Kante befeſtigten Zähnchen zugleich ſtehen UNd reißen. Die Kiefer ſind gegenſeitig ſo geſtellt, wie die charaftteriſtiſche, dreiſtrahlige Wunde es zeigt. Auf den S<hlund (vgl. nebenſtehende Abbildung, Fig. 1a) folgt der mit elf Paar Blindtaſchen verſehene Magen (Fig. 1Þ). Natürlich müſſen wir den ganzen Raum zum Magen rechnen, welcher beim Saugen auf einmal gefüllt wird, und dieſe Füllung geſchieht bis in die äußerſten Zipfel jenes langen, lebten Paares der Blindſäke (Fig. 1e), welche noch neben dem furzen, engen Darme bis nahe ans Hinterende ſi erſtre>en. Und da

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