Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

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Blutegel: Anatomiſcher Bau. 139

ſowohl die Körperwandungen als die Magenwände elaſtiſch und dehnbar ſind, begreift es ſich, wie der Blutegel ſeinen ganzen Umfang dur< Saugen um das Drei- bis Vierfache vermehren kann. Der mediziniſche Blutegel hat ein ſehr verwi>eltes Blutgefäßſyſtem. Wen dieſe Verhältniſſe intereſſieren, welhe am Blutegel {wer zu explizieren ſind, ſuche ſich helle, dur<ſcheinende Exemplare der weitverbreiteten Egelart Nephelis vulgaris (S. 143) zu verſchaffen. Jn einem engen Glasrohr und gegen das Licht gehalten, ſieht man an dem ganz unverſehrten Tiere mit der Lupe ſehr deutlih den ganzen Blutumlauf, der hauptſählih in einer Fluktuation von einer Seite zur anderen beſteht.

Der Blutegel iſ wie alle Egel Zwitter; die männliche Geſchlechtsöffnung liegt zwiſchen dem 24. und 25. Ringe, die weibliche zwiſchen dem 29. und 30. Die Beſchreibung des Eierlegens und die Vildung der Eikapſeln verlangt eine Berückſichtigung der Lebensweiſe überhaupt, wobei wir der guten Darſtellung von Salzwedel (im „Ausl[and“ 1862) folgen können. Unſere Blutegel leben gern in Teichen mit Lehm- oder Thonuntergrund, in Tümpeln und Sümpfen mit ſ{<lammigem Boden, können aber nie in

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Bau der Blutegel. 1) Darmkanal, a) Schlund, b) die mittleren Magenblindſä>e, e) die lehten Blindſä>e. 2) Vorderende mit den Augen. 3) Ein Kieferwulſt des Pferdeege!s. Alles ſtark vergrößert.

ſolchen mit Sandboden gehalten werden. Alle dieſe Gewäſſer müſſen ſehr ruhig und mit Pflanzen bewachſen ſein. Außer dem Waſſer vermögen ſie niht lange zu leben und ſterben ſofort, ſobald ihre Oberflähe tro>den geworden iſ, wogegen ſie ſih indes dur die S<hleimabſonderung von innen heraus eine kleine Weile zu ſhüßgen vermögen. Am Tage, und namentli<h bei warmem Wetter, ſhwimmen ſie lebhaft umher, während ſie ſich bei trübem, nebligem Wetter oder an kalten Tagen derart zuſammenrollen, daß ſie den Kopf in die Höhlung des Fußes ſte>en und ſo eine leierförmige Geſtalt annehmen. Dasſelbe geſchieht nahts und im Herbſt, in welcher Fahreszeit ſie ſih ſo tief wie mögli in den S<hlamm vergraben.

Jhre Nahrung finden ſie aus\<ließli< im Blute der Wirbeltiere und ähnlichen Säften der Wirbelloſen. Man hat behauptet , daß ſie ſi< im Notfall einander ſelbſt angreifen ſollen, jedo<h können dieſe Fälle nur äußerſt ſelten ſein. Ebenſo unſicher wie dieſe Behauptung iſ auch die, ob ſie das Blut toter Tiere einſaugen. Jedenfalls greifen ſie in der Regel nur lebende Tiere an, die aber zum Teil wieder ihre eignen Feinde ſind, wie unter anderen die Waſſerſhne>en, von denen ſie ſih zeitweilig nähren follen, ihnen, namentli< den Jungen, nachſtellen. Die Häutung, welche nah einigen Beobachtern in Zwiſchenräumen von einigen Tagen ſi< wiederholen ſoll, ſah Martini bei alten, ausgewachſenen Tieren in mehreren Monaten nux einmal erfolgen. „Das Häutungsgeſchäft dauerte gegen 2 Wochen, und die Egel waren dabei ruhig und matt, drängten ſih dicht aneinander, lagen oft auf dem Boden des Gefäßes und zwar auf dem Nücken, Mund und