Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

144 Würmer. Vierte Klaſſe: Ningelwürmer; zweite Unterklaſſe: Glattwürmer.

einen Blutegel über 1 Jahr beſaß, welchem der Kopf abgeſchnitten war, und der trobden:

nah Berührungen munter umherſhwamm.

Wir können dieſes Kapitel niht würdiger ſchließen, als mit der Schilderung jener fleinen verrufenen Blutſauger Ceylons, von welchen Schmarda in ſeiner „Reiſe um die Erde“ folgendes mitteilt. „Die Plagen, welche die Schaben und Mücken verurſachen, ſind nichts gegen die viel größere, die den Wanderer überall verfolgt; denn in den Wäldern und Wieſen wimmelt es von kleinen Landblutegeln; es iſt die Hirudo ceylonica älterer Berichterſtatter. Sie leben im Graſe, unter abgefallenen Blättern und Steinen, auh auf Bäumen und Sträuchern. Sie ſind äußerſt ſchnell in ihren Bewegungen und müſſen ihre Beute ſchon aus einiger Entfernung wittern. Sobald ſie einen Menſchen oder ein Tier wahrnehmen, kommen ſie aus der ganzen Nachbarſchaft und ſtürzen ſih auf ihre Beute. Das Ausſaugen des Blutes merkt man oft kaum. Nach einigen Stunden ſind ſie vollgeſogen und fallen dann von ſelbſt ab. Die Eingeborenen, welche uns begleiteten, beſtrichen ſolche Stellen mit Äßkalk, den ſie in ihrer Betelbüchſe mit ſi< führen, oder mit dem durch Betel und Kalk ſ{<harf gewordenen Speichel. Jh fand es natürlich, daß eine heftige Entzündung darauf eintritt, und erklärte mir leicht die tiefen Geſchwüre, welche viele von den Eingeborenen an ihren Füßen haben. Viele betrachten den Saft einer Zitrone (Citrus tuberoîdes) als ein Spezifikum. Alle dieſe Dinge ſind re<t gut, um dur< Betropfen die Blutegel zum Abfallen zu bringen, müſſen aber in der Bißwunde Reizung hervorbringen. Beſonders unangenehm iſ es, daß die Blutegel ſolche Stellen am liebſten aufſuchen, wo ihre Vorgänger ſhon eine gute Weide geſunden haben, da die entzündete, mit Blut unterlaufene und wärmere Haut ſie lo>t. Um ſih gegen den Angriff dieſes feinen, aber fürchterlichen Feindes zu ſichern, iſ es unabweisli<h, beſonders die Füße zu ſhüßen. Dies geſchieht dur lederne oder di>e, wollene Strümpfe, welche man über die Beinkleider anzieht und unter dem Knie feſtbindet. Wir fanden die lezteren ausreihend und bequemer, führten jedoh immer ein Reſervepaar mit, da ſie ſehr leiht im Dickicht zerreißen oder beim Gehen durhgerieben werden. Jh fand ſie am Bunde oft zu Duzenden ſien, bemüht, dur{<zudringen. Während des Marſches litten wir viel weniger, am wenigſten leidet der erſte in der Reihe. Haben die Blutegel einmal Witterung, fo fallen ſie die Nächſtfolgenden um ſo gieriger an. Selbſt bei aller Vorſicht hatten wir ſie bald im Nacen, in den Haaren oder am Arme, da ſie niht nur im Graſe und Laube, ſondern auh auf Bäumen leben, von denen ſie ſi< auf die vorübergehenden Menſchen oder Tiere herabfallen laſſen.“

Auch zur Bekanntſchaft mit einer zweiten Familie, den Rüſſelegeln (Clepsinidae), geben unſere ſüßen Gewäſſer Gelegenheit. Die Angehörigen derſelben ſind an ihrem turzen, flachen Körper kenntlich, der nah vorn ſich allmählich verjüngt und hier mit der die Augen tragenden Haftſcheibe endigt. Der kieferloſe Schlund kann wie ein Rüſſel vorgeſtre>t werden. Verſchiedene Arten der Gattung Clepsine triſt man an den Blättern der Waſſerpflanzen und an der Unterſeite von Steinen. Sie ſind von grauer, gelblicher oder weißliher Färbung, und das beſte Exkennungszeicen iſt, daß, ſobald man ſie abnimmt, ſie ihren Körper einrollen, wobei zugleih die Seitenränder etwas eingebogen werden. Eine beſondere Sorgfalt verwenden ſie auf die Brutpflege. Fhre Eier tragen ſie am Bauche, und au die ausgefrochenen Jungen halten ſi< hier no< lange bei der Mutter auf, indem ſie ſi< mit der hinteren Haſtſcheibe anſaugen. Es iſt ein ganz liebliches Schauſpiel, wie die 10—15 Tierchen gleih den Küchelchen unter der Henne ihre Kopfenden unter der Mutter hervorſtre>en, oder ſih, wenn man ſie vorſichtig entfernt hat, ſofort wieder unter dieſer ſammeln. Die Rüſſelegel ernähren ſih hauptſächlich von niederen Tieren, aber nicht bloß von deren Blut, und die verſchiedenen Arten haben beſondere Leibgerichte, jo Clepsine

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