Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

Beziehungen zu den Menſchen. Geographiſche Verbreitung. 21

obwohl man ebenſogut Kreide anwenden konnte, und, da die alten Apotheker gern das Widerliche zuſammengoſſen, durften Kelleraſſeln, innerlih gegen Harnbeſhwerden gegeben, nicht fehlen, und kleinaſiatiſhe Formen von Landaſſeln (Armadillo) waren als Millepedes, „Tauſendfüßer“, ein be gehrter koſtbarer Artikel.

Direkt \{<hädli< iſt wohl kein Krebstier dem Menſchen, und wenn ja einmal ein Hummer, Krebs oder eine Krabbe einen oder den anderen in den Finger zwickt, nun — er braucht ihn ja niht hinzuhalten. Daß die klcinen, gelegentlih in Auſtern und beſonders Miesmuſcheln vorkommenden Krabben (Muſchelwärter, Pinnotheres) ihren Wirten giftige Eigenſchaften mitteilen ſollen, iſt Unſinn, es ſind in dieſer Beziehung die harmloſeſten Kreaturen von der Welt. Fndirekt werden allerdings manche Kruſter ſhädlih. Die Auſternbänke haben unter den Überwucherungen ſeitens kleiner Seepo>en zu leiden, welche ihnen die beſten Biſſen oder rihtiger mikroſkopiſchen Bißchen vor dem Munde wegnehmen. Aber dieſer mittelbare Schade will wenig ſagen gegenüber dem, mit welhem gelegentlich eine Aſſel, die Bohraſſel (Limnoria terebrans), auftritt. Dieſer unſcheinbare Geſelle verſteht es, wie man zuerſt 1809 in England erfahren mußte, troß ſeiner Kleinheit (er iſt 2—5 mm lang) in Geſellſchaft einer anderen Form (Chelura terebrans) die koſtbarſten Hafenbauten dur das Zerbohren des Holzwerkes zu vernichten, und dabei iſt noh beſonders unangenehm, daß er in den ſelbſtverfertigten Gängen ſeiner feu<hten Wohnſtätte tagelang ohne neuen Zutritt des Waſſers leben kann, daher auh alles Holzwerk zwiſchen Flut- und Ebbelinie zu zernagen vermag.

Der beſchränkte Raum dieſes Buches geſtattet kein näheres Eingehen auf die geographiſche Verbreitung der Kruſtentiere, ſo intereſſant dieſelbe auh iſt, nur in den gröbſten Zügen ſeien deshalb die Verhältniſſe ihres horizontalen und vertikalen Vorkommens ſkizziert.

Sm allgemeinen iſt ein Übergewicht tropiſcher Formen unter den Krebſen niht na<hzuweiſen. Der Artenreichtum iſt, wenn die Arten teilweiſe auch kleiner ſein mögen, in den arktiſhen und antarktiſhen Meeren nicht geringer als in den tropiſchen, der Jndividuenreihtum ſogar größer, ſo daß wahxrſcheinlih hier wie dort auf das gleihe Quantum Waſſer ein entſprehend gleihes Quantum Krebs kommen dürfte. Doch gilt das nur für die Meeres- und allenfalls für die Süßwaſſerformen, die Landformen nehmen nah dem Äquator hin entſchieden zu. Übrigens gehören die größten bekannten Meeresbewohner aus der Klaſſe der Kruſtentiere, die japaniſche Rieſenkrabbe (Macrocheira Kaempferi) und der Hummer, der gemäßigten, leßterer zum Teil ſogar den kalten Regionen an.

Die kurzſ<hwänzigen Zehnfüßer (Brachyura), die zahlreihſte Gruppe dieſer Ordnung, ſind mehr Küſten- als Tiefſeetiere, weit beſſer in den Tropen als in den gemäßigten Klimaten vertreten und nehmen nah den Polen, beſonders nah dem Südpol hin, raſh an Artenzahl ab. Auf Kerguelen fand Studer kein Brahyur mehr. Der „Challenger“ brachte von ſeiner Weltreiſe aus den flachen Gewäſſern nahe den Küſten (bis 40 m Tiefe) 190 Arten, aus Tiefen zwiſhen 1800 und 3600 m nur no< 2 mit!

Die mittelſ<wänzigen Zehnſüßer (Anomura), namentlich die Einſiedlerkrebſe, gehen ſehr tief (bis 5500 m) und nehmen mit der Tiefe an Artenzahl nur ſehr wenig ab, gehen auch entſprehend weit na< Norden, ſcheinen aber in den antarktiſhen Gewäſſern ſelten zu ſein. Die Seltenheit von Dekapoden in jenen Gegenden liegt vielleicht an der Gegenwart zahlreicher reißender Strömungen, welche die pelagiſh lebenden Larven dieſer Tiere an Ort und Stelle niht zur rechten gedeihlichen Entwickelung gelangen laſſen. Die Thatſache, daß bei anderen Tieren, welche wie die Stachelhäuter ſonſt auch pelagiſch lebende