Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, page 574

524 Stachelhäuter. Zweite Klaſſe: Seeigel.

Dagegen führt uns die dritte Hauptgruppe, die der Herzigel (Spatangidae, Abbild. S. 525 oben), obgleich in den wärmeren Meeren überall zu Hauſe, auch wieder in die gemäßigten und kalten Zonen zurü>. Die Schale iſt dünn und zerbre<hli<; der abgerundete ſhmälere Teil iſt das Vorderende. An dem unteren Rande des abgeſtußten Hinterendes liegt die Afteröffnung, die Mundöffnung an der Bauchſeite gegen vorn. Eine Zahnbewaffnung fehlt. Die Stacheln ſind borſtenartig, kurz und biegſam. Wie in der vorigen Abteilung findet ſih auf dem Nücken eine oft vertiefte Roſette von Atmungsbläshen, welche von einem eigentümlichen geſ<wungenen Bande, der Fasciola, umgeben iſt. Dieſer Streifen trägt kleine zarte, ſtachelähnliche Drgane mit flimmernden Köpfchen und ſcheint die Roſette von Sc{hmußg rein zu halten, den man längs desſelben ſih anhäufen ſieht. Außerdem aber bilden dieſe Stacheln bei manchen Herzigeln mit vertiefter Ambulacral-Noſette ein Schußdah für die Jungen. Dies iſt namentli<h der Fall in der Gattung Hemiaster, wie Agaſſiz mit Verwertung einiger älteren Beobachtungen an ſolchen Tieren nachgewieſen hat, welche bei den Kerguelen geſammelt waren. Die Embryonen machen in dieſen Fällen offenbar nur eine ſogenannte verkürzte Entwickelung dur< und gehen niht in jene oben beſchriebenen wunderlichen frei ſ<wärmenden Geſtalten über. Die Öffnungen der Eileiter ſind ſo gelegen, daß die lebendig geborenen Jungen, 1 mm im Durchmeſſer, glei in ihren Schußraum gelangen. Die gröfte hier von dem amerifaniſhen Naturforſcher gefundene junge Brut maß 3 mm. Dieſe Jugendformen ſind auc für die Verwandtſchaſtslehre von großer Wichtigkeit, indem ¿ ſie den regelmäßigen Seeigeln, von denen

Schildigel (Echinarachnius parma). Natürliche Größe. die Herzigel ſich abgezweigt haben, ähnli

find und vorübergehend eine Stufe ein-

nehmen, welche in der bisher dem Syſteme Schwierigkeiten bereitenden Familie der Collycitiden bleibend carakteriſtiſ< iſt.

Außer den zur Bewegung und zum Anheften dienenden Ambulacralbläschen ſehen wir einige Büſchel mit Scheiben verſehener Bläschen als ausgezeichnete, ſehr empfindliche Taſtwerkzeuge arbeiten.

Die meiſten Herzigel leben in größeren Tiefen, etwa von 20 Faden an, auf Shlamm und vorzugsweiſe auf Sandgrund. Etwas eingegraben, ziehen ſie in demſelben ihre Furchen, wobei ſie vermittelſt der \höpffkellenartig vorgebogenen Unterlippe ſi< ununterbrochen mit Sand füllen. Sie nähren ſi< nämli< nur von den organiſchen Beſtandteilen und mikroſkopiſchen Organismen, welche zufällig oder infolge ihrer Lebensweiſe im Sande ſi finden. Da nun die Darmwände ſehr dünn und zerreißlih und der Darmkanal immer prall mit Sand gefüllt iſt / erfordert die Zergliederung der Tiere große Vorſicht.

Eine der intereſſanteſten Familien der Herzigel ſind die Pourtaleſien (\. Abbild. S. 525 unten u. S. 526), von A. Agaſſiz zu Chren des Grafen Pourtalés benannt. Sie haben eine ſehr eigentümliche, an Steinhämmer erinnernde Geſtalt und leben ſämtlich in großen Tiefen.

Manche, vielleicht ſehr viele Herzigel graben ſi vollſtändig in den Sand ein, wie ſolhes von Robertſon und Giard an dem in der Nordſee häufigen Amphidetus

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