Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, page 596
544 Hohltiere. Erſter Unterkreis: Rippenquallen.
des Baues unter der Herrſchaft der Vier- und Se<hszahl und ihrer Mehrheiten. War dort die Haut faſt ausnahmslos ſfelettmäßig und lederartig verdi>t ſo ſind hier die lederhäutigen Sippen die Ausnahmen. Auch im Falle der Verkalkung eines oder des größten Teiles der Leibeswände bleibt ſehr oft das mit einem oder mehreren Fühlerkränzen gekrönte Vorderende zart und blumenhaſt, und die höchſt entwi>elten freieren Formen ziehen das Auge durch die Zartheit und Zierlichkeit ihres ganzen Weſens an.
Jn ihrer Entwi>kelungsfähigkeit zum Höheren vertreten ſie tro großer Mannigfaltigkeit das Prinzip der Stabilität faſt ebenſo wie die Echinodermen. An dem mächtigen Streben der übrigen Tierwelt, in dem großen Kampfe um das Daſein auf dem Feſtlande oder wenigſtens im Süßwaſſer ſi<h einzubürgern und die Vorteile dieſes veränderten Aufenthaltes der Veredelung der Organiſation zu gute kommen zu laſſen, haben ſie ebenſowenig wie die Stachelhäuter mit Erfolg teilgenommen. Denn ein Erfolg kann es kaum genannt werden, daß einige wenige Quallen, kümmerlihe Polypen und degenerierte Schwämme als vorgeſchobene Poſten in die ſüßen Gewäſſer eingedrungen ſind.
Es hat niht an Verſuchen gefehlt, die verwandtſchaftlichen Beziehungen der Hohltiere mit anderen Tieren feſtzuſtellen, und es haben zu dieſem Behufe beſonders die Rippenquallen herhalten müſſen, zwiſchen denen und den Echinodermen man früher zunächſt einen genetiſchen Zuſammenhang zu finden glaubte. Weit beſſer iſt der neuerdings von Selenka, Lang und Chun angeſtellte Vergleich jener merkwürdigen Hohltiere mit den Plattwürmern gelungen.
Wir teilen den Kreis der Hohltiere in drei Unterkreiſe, nämlih in den der Rippenquallen, der Neſſeltiere und der Shwämme.
Erſter Anterkreis. Die Rippenquallen (Ctenophora s. Costifera). P
În Geſtalt glasheller Äpfel, Melonen, perſiſher Müßen, auh wohl 1—11/2 m langer Bänder mit einem verdi>ten Mittelteil {{hwimmen die Rippen- oder Kammquallen, über welche wir Karl Chun eine glänzende Monographie verdanken, auf offenem Meere oder werden von Strömungen und Winden in die Nähe der Küſten und in die Häfen getrieben. Jhre Lage im Waſſer iſt gewöhnlih eine mehr oder weniger ſenkrehte, mit nah unten gekehrter Mundöffnung. Dieſelbe führt in einen entweder röhrenförmigen oder erweiterten Magen, in welchem die Verdauung geſchieht, und aus welchem die unverdaulihen Teile der aufgenommenen Nahrung mit reihli< abgeſonderten Shleimmaſſen wieder dur den Mund entleert werden. Das obere Ende dieſes Magens kann zwar zugeſ<nürt werden, ſteht aber doch in direkter Kommunikation mit einem engeren oder weiteren trihterförmigen Raume, aus welhem wiederum andere Kanäle entſpringen, welche unter der Körperoberfläche längs der glei näher zu berührenden ſogenannten Rippen verlaufen. Fener Trichter beſit eine dem Munde entgegengeſeßte Öffnung. Er iſt ein Rerſervoir für Blut und will: fürlih aufgenommenes Waſſer; auh Teilhen des Speiſebreies geraten aus dem Magen mit hinein, und dieſe ſonderbar zuſammengeſeßte, weſentlih aber aus Waſſer beſtehende Flüſſigkeit wird dur<h Wimperorgane in den erwähnten Kanälen in Bewegung geſeßt. Auch dur die Trichteröffnung kann das Waſſer aufgenommen werden, dieſelbe ſcheint jedo< vorzugsweiſe zum Ablaſſen der ſhon in Zirkulation geweſenen und mit verſchiedenartigen Ab- und Ausſonderungen verſeßten Leibesflüſſigkeit zu dienen.