Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, page 662

Teilung der Pennatuliden in zwei Perſonenformen. Leuchtende Seefeder. 601

Von ihr iſt die Gattung Pennatula und andere dur< den Mangel dieſer Kalkſtrahlen unterſchieden. Am bekannteſten iſt die leuhtende Seefeder (Pennatula phosphorea) aus dem Mittelländiſhen und Atlantiſchen Meere, über deren Leuchterſ<heinungen wir dem Profeſſor Panceri in Neapel ſehr genaue und ſ{<höne Nachweiſe verdanken. Man war früher im unklaren darüber, wo eigentlih der Siß des Leuchtens der Seefedern ſei, war aber geneigt, der ſ{leimigen Oberfläche ſowohl der einzelnen Polypen wie des Stokes überhaupt die Leuchtkraft zuzuſchreiben. Panceri hat zunächſt nahgewieſen, daß nur ganz beſtimmte Teile der Polypen dieſe Fähigkeit beſißen, nämlich aht bandförmige Organe, welche mit ihren oberen Enden wie Papillen die Mundöffnung umgeben und ſi< längs des Magens hinab erſtre>en. Sie ſind erfüllt mit Fettkügelchen haltenden Zellen und Fettkörperchen , und dieſe allein leu<hten. Da die Bänder ſehr leiht verleßlih ſind und bei dem leiſeſten Dru>ke ihren Fnhalt ausfließen laſſen, ſo erklärt es ſih daraus, wenn man bis jeßt die lihtgebende Subſtanz an den verſchiedenſten Stellen des Sto>es fand.

Um die Erſcheinung des Leuchtens zu verfolgen und wiſſenſchaftlih zu beobachten, bedarf es leidlih geſunder Seefedern. Sie dürfen weder zu lange in einem kleinen Waſſerbehälter gelegen haben, wodurch ſie waſſerſühtig aufſhwellen, noh dürfen ſie dur<h vorausgegangenes Strapezieren und Drü>ken im Nege ſih in einem Zuſtande völliger Entleerung und krampfhafter Zuſammenziehung befinden. Nur an friſch gefangenen und möglichſt wenig beunruhigten Exemplaren laſſen ſi<h die Experimente wiederholen und die Leuchtſtröme hervorrufen. Das Leuchten geſchieht nur auf Reizungen; es genügt, mit dem Finger an die Wand des Aquariums zu klopfen, um Funken zum Vorſchein kommen zu ſehen. Nimmt man die Feder in die Hand, entweder unter Waſſer oder außerhalb desſelben, jo wird das Auftreten von Lichtpunkten und leuchtenden Streifen lebendiger, und man überzeugt ſih bei planmäßiger Wiederholung der Reizung, daß es ſi< um eine beſtimmte Folge der Lichterſcheinungen handelt, um Ströme von geſeßmäßigem Laufe, welche darum von höchſtem phyſiologiſhen Fntereſſe werden. Als Grundphänomen ſtellt ſih das Vorhandenſein von zwei Arten von Lichtſtrömungen heraus, wovon die eine an die eigentlihen Polypen gebunden und auf der Nü>ſeite der ganzen Fahne ſihtbar iſt, während die andere an den Zooidien (\. oben) haftet und an der Unterſeite auftritt. Beide Ströme pflegen zugleih zu erſcheinen, können aber auch jeder ohne den anderen entſtehen und verlaufen, ohne daß die Urſache davon klar geworden iſt.

Die Richtung der Ströme hängt von der Stelle des Reizes ab. Drückt man das Ende des Stieles, ſo beginnt das Leuchten in den unterſten Strahlen, läuft vom Schafte aus nah den Strahlenenden und geht allmählih auf die oberen und äußerſten Strahlen über. Das Umgekehrte erfolgt, wenn man den Reiz an der Spiße der Fahne anbringt. Seßt man den Reiz in der Mitte des Fahnenſchaftes ein, ſo verlaufen gleichzeitig die Ströme nah oben und nach unten, nach der örtlichen Aufeinanderfolge der Strahlen vom gereizten Punkte aus. Reizt man gleichzeitig beide Enden des Fahnenſchaftes, ſo nähern ſih die Ströme bis zum Zuſammentreffen. Nur ſelten überſpringen ſie dabei einander, ſo daß die Erſcheinung dann zuſammengeſeßt iſt aus dem ganzen Stromverlauf des erſten und zweiten Reizungsfalles. Endlih, wenn man das Strahlenende reizt, ſo geht zuerſt von dem gereizten Ende der Leuchtſtrom ſtrahlabwärts auf den Schaft über und von da auf alle übrigen Strahlen in der gewöhnlichen Richtung. Auch das wurde noh erhärtet, daß ein Kreisſnitt des Kieles bis auf die feſte Achſe die Fortpflanzung der Stromerregung hemmt. Zur Erſchöpfung des Thatſächlichen gehört die Beſtimmung der Geſchwindigkeit der Lichtſtröme. Sie gebrauchen im Mittel 2 Sekunden, um die ein Zehntelmeter lange Bahn der Seefeder zu durhlaufen, alſo 20 Sekunden für das Meter. Die Geſhwindigkeit