Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, page 669
608 Hohltiere. Zweiter Unterkreis: Neſſeltiere; zweite Klaſſe: Blumenpolypen.
Erſt im Anfange des 16. Jahrhunderts lenkte ſich die allgemeinere Aufmerkſamkeit auf die Edelkoralle, und zwar zunächſt in Frankreich. Unter der Regierung Karls TX. (1560—74) erwarben, wie uns Léon Renard erzählt, zwei Kaufherren zu Marſeille, Thomas Linches und Carlin Didier, das Privilegium, an einem Punkte dex algeriſchen Küſte Korallenfiſcherei zu betreiben. Da das Geſchäft ſich als gewinnreih erwies, ſo wußte ſich ein anderes franzöſiſhes Geſchäſtshaus ein gleiches Privilegium zu verſchaffen. Jm Jahre 1604 ſicherte der franzöſiſche Geſchäftsträger in Algerien, de Brèves, den Franzoſen das Necht, von Kap Roux bis zum Kap de Feu an der nordafrikaniſchen Küſte aus\chließli< auf Korallen fiſchen zu dürfen. Fm Fahre 1619 war der Herzog von Guiſe, Gouverneur der Provence, Jnhaber der Konzeſſion. Nichelieu gründete 1640 zu Stowa eine neue Station für Korallenfiſcherei, woſür die algeriſhe Regierung etwa 8000 Thaler erhielt. Vierunddreißig Jahre ſpäter ging das Privilegium in die Hände einer Geſellſchaft über, die zwar einen jährlichen Zuſchuß von 40,000 Livres von Staats wegen erhielt, aber ihrerſeits 105,000 Livres an Algerien bezahlen mußte. So blieb die Sache bis 1719, wo die Oſtindiſche Kompanie das Privilegium übernahm. ODſtindien und Kleinaſien waren die Hauptabſaßgebietefür Edelkorallen. Lange blieb die Oſtindiſhe Kompanie niht im Beſitze dieſes Privilegs, bald ſehen wir es in Händen eines Konjortiums, Aurial, in Marſeille und 1741 in denen der Afrika; niſchen Kompanie. Die von
Orgelkoralle (Tubipora Hemprichü). Natürlihe Größe. dieſer erzielte Einnahme be-
trug 1750: 43,360 und 1790:
60,000 Frank. Die Republik dachte über das Monopol der Korallenfiſcherei teineswegs
günſtig, und die Konvention löſte 1794 die Etabliſſements auf und bewilligte au<h Fremden
das Recht, auf Korallen zu fiſhen. Das war für das franzöſiſche Fntereſſe ein ſ{<werer Schlag, von dem es ſi< no< niht völlig erholt hat.
Nach und nah bemächtigten ſi< nun die Ftaliener dieſes Geſchäftszweiges, und au< die franzöſiſhen Unternehmer haben bei ihren Fiſchereien entlang der algeriſhen und tuneſiſhen Küſten meiſt italieniſhe Fiſcher im Dienſt. Neben den Ftalienern und Franzoſen fiſhen auh no< die Spanier an den Balearen und Kap Verdiſhen Fnſeln auf Edelkorallen.
Unſere Schilderung und Formenüberſicht der Polypen ſ<ließt mit Vorführung der Familie der Orgelkorallen, Tubiporidae, aus den niht zahlreihen und wenig voneinander abweichenden Arten der einen Gattung Tubipora beſtehend. Die Einzeltiere ſ<ließen ſih in der Geſtaltung und der Grundzahl ihrer zierlichen Fühler und des weichen Vorderleibes durhaus an die übrigen jeßt lebenden Achtſtrahler an. Hinſichtlich ihrer Skeletbildung aber ſtehen ſie in der heutigen Welt ganz iſoliert und ſchließen ſi< den alten ausgeſtorbenen Pfeifenkorallen (Syringopora und anderen) an. Das Einzeltier ſondert eine