Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6, page 688

Korallenriffe und Koralleninſeln. — Shwämnrte. 625

mehr und mehr eingeengt werden; und umgekehrt, wenn die Senkung des Meeresbodens beſchleunigt wird, kann der Atoll allmählih unter dem Waſſerſpiegel verſhwinden. Schon Darwin hat eine Reihe ſolher im Sinken begriffener Korallenbauten beſchrieben und ſie „tote Riffe“ genannt.

Jn anbetracht der angeführten Thatſachen — ſo ſchließt Dana ſein lehrreiches Kapitel über die Riff- und Atollbildung — iſt es klar, daß jede Koralleninſel einſt ein Strandriff um eine hohe Fnſel war. Aus dem Strandriff wurde ein Barriereriff, als die Jnſel ſank; es wuchs weiter, als das Land allmählih verſhwand. Über die eingeſchloſſene Waſſerfläche ragt ſchließlih der lebte ſinkende Berggipfel hervor. Noch eine Zeit, und auch dieſer iſt verſhwunden; von der ganzen verſunkenen Fnſel gibt nur noch das Barriereriff Zeugnis. Das Korallenband, das einſt zur Zierde und zum Schuße ſich um das luftige Eiland ſlang, iſt ſpäter zu ſeinem Denkmal geworden und die einzige Erinnerung an ſein früheres Daſein. Der Pomatu-Archipel iſ ein großer Fnſelkirhhof, wo jeder Atoll den Begräbnisplaßz einer Jnſel angibt. Über den ganzen ſüdlihen Ozean ſind dieſe einfachen Denkſteine zerſtreut, die glänzendſten Punkte in dieſer Waſſerwüſte.

Das Vorkommen der Korallenbauten hängt, wie wir ſehen, von einem Zuſammentreffen günſtiger - Verhältniſſe ab. Die Weſtküſte Amerikas beſißt ſie niht , vielleicht weil der Polarmeeresſtrom die ganze Küſtenregion zu ſehr kältet. Erſt bei der Fnſel Ducie beginnt die große Korallenregion des Pacifiſchen Ozeans, die ſih auf der Südſeite des Äquators bis zur Oſtküſte Neuhollands erſtre>t, nördlih vom Äquator aber in dem Archipel der Karolinen ihre größte Entwi>kelung erreicht. Reich an Korallenriffen ift die Umgebung der Marianen und Philippinen. Weiter weſtlih heben wir die merkwürdige Neihe der Malediven und Lakediven hervor, die zahlreihen Riffe um Mauritius und Madagaskar und überhaupt vom Nordende des Kanals von Moſambik an bis ins Rote Meer. Die Weſtküſte Afrikas hat gar keine bewerkenswerten Niffe. Fm Bereich der Neuen Welt endlih iſ das Antillenmeer von Martinique und Barbados an bis zur Spitze von Yukatan, der Küſte von Florida und den Bahamas der Schauplaß der ſtillen, aber ſo erfolgreichen Thätigkeit der Korallentiere.

Driffer Anterkreis. Die S<hwüämme (5pong1iae s. Porifera).

Wer zum erſten Male eine Sammlung von Shwämmen (Spongiae, Spongien), getro>net oder in Spiritus aufbewahrt, anſieht, wird über die tieriſhe Natur dieſer unter den verſchiedenartigſten Formen, als zierlihe Becher, ungeſhlachte Klumpen, Knollen, Kruſten, Stauden, Bäumchen, Nuten 2c., auſtretenden Organismen niht nur in Zweifel ſein, er wird, nah dem Geſamteindru> urteilend, ſie dem Pflanzenreih zuteilen. Jndeſſen, da die Shwämme im zoologiſhen Muſeum aufgeſtellt ſind, wird unſer Naturfreund vielleicht denken, daß ſie lebend und an ihren natürlichen Standorten beobachtet, einen anderen Eindru> machen und ihr Weſen als Tiere offenbaren werden. Suchen wix alſo Shwämme im Freien auf. Sie kommen nur im Waſſer vor, und äußerſt kärglih ſind ſie im Süßwaſſer vertreten durch die wenigen nahe miteinander verwandten Gattungen der Familie der Süßwaſſerſ<hwämme oder Spongillen. Auf dem Grunde mancher Gewäſſer, an hölzernen Brütenpfeilern kann man während des Sommers grünliche oder graue, verzweigte oder rundliche, fauſt:, auh kopfgroße Maſſen von weicher, ja matſchiger

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