Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6

656 Hohltiere., Dritter Unterfreis: Shwämme; zweite Klaſſe: Gemeinſhwämme.

zum 74° ſüdl. Br. reichende. Von den mittels der Dredgen und Trawlneße vom „Challenger‘ unterſuchten Lokalitäten enthielten 14,4 Proz. in der nördlihgemäßigten, 22,2 Proz. in der tropiſchen und 24,7 Proz. in der ſüdli<h gemäßigten Zone Hexaktinelliden. Jm allgemeinen herrſchen, wie Franz Eilhard Schulze, der ausgezeihnete Beobachter der Challenger-Glasſ<hwämme, bemerkt, die Lyſſakinen vor, namentlich in der ſüdlih gemäßigten Zone, wo ſie fünfmal ſo zahlrei<h an Arten als die Diktyoninen ſind, während ſie in der nördlih gemäßigten bloß zweimal und in der tropiſchen nur um 7 Proz. häufiger ſind. Die Lyſſakinen ſind ſpärlih im Norden, reicher unter den Tropen, aber bei weitem am reiſten im Süden vertreten; die Diktyoninen hingegen präponderieren zwiſchen den Wendetreiſen und nehmen na< dem Nord- und Südpol (und zwar nach erſterem etwas raſcher als na< dem leßteren) hin an Artenzahl ab.“

Was die bathymetriſhe Verbreitung der Hexaktinelliden betrifft, ſo finden ſi<h zwiſchen 95 und 100 Faden bloß Lyſſakinen, von 101—1000 Faden ſind beide Gruppen faſt gleich ſtark vertreten, aber unter 1000 Faden treten die Diktyoninen bedeutend zurü>; ſie ſind mithin, wie wir ſowohl aus ihrer horizontalen als vertikalen Verteilung {ließen fönnen, an das warme Waſſer mehr angepaßt als die Lyſſatinen.

Am Schluß unſerer Betrachtung derjenigen Tiere, deren Körper aus Zellen ſi<h aufbaut, und die Gewebe beſizen, ſei eines rätſelhaften, von Franz Eilhard Schulze entde>ten Weſens, der „haftenden Haarſchheibe“ (Trichoplax adhaerens), gedacht.

Dieſes Tier wurde zuerſt im Seewaſſeraquarium des zoologiſchen Fnſtituts zu Graz, dann au< in Wien beobachtet, und da deren BewohLS F AO ner aus der Bai von Trieſt ſtammen, ſo iſt als

Trichoplax adhaerens. Natürliche Gröpe. ſicher anzunehmen, daß dieſe auch die Heimat des Trichoplax iſt. Dieſelbe hat in ihrem Leibe bloß ein Oben und ein Unten, aber kein Nechts und Links, kein Vorn und Hinten. Die Geſtalt der ſehr flachen Tiere iſt außerordentlih verſchieden und wechſelnd: einmal erſcheinen ſie als 1,5—3,5 mm große Kreisſcheiben, das andere Mal ziehen ſie ſih in 1020 mm lange, bandartige Streifen aus oder erſcheinen als Halbmonde 2c. Die Farbe iſt für das bloße Auge weißlih, wie mattgeſc<hliffenes Glas, unter dem Mikroſkop erſcheinen aber grünlihgelbbraune, höcerige Knollen der Körpermaſſe eingeſprengt, welche wahrſcheinli paraſitiſche, bez. mit der Trichoplax fymbiotiſ< lebende Algen (Zooxanthella) find. Die ganze Oberfläche des Tieres wimpert, und dur die Richtung, in der die Wimpern \{lagen, wird die Bewegungsrichtung des Tieres beſtimmt. Sie ſ{<lagen derſelben ſtets entgegen, da ſie aber fortdauernd wechſeln, ſo muß ſih au<h die Schlagrihtung der Wimpern jeden Augenbli> ändern können.

Die Tiere gleiten langſam an wage- und ſenkre<hten Flächen dahin, halten ſi<h mit Vorliebe auf Algen und Ulven auf, vermögen aber nicht zu ſhwimmen. Sie beſizen fein Nervenſyſtem und keine Sinnesorgane, au<h Fortpflanzungs- ſowie Verdauung®organe fehlen. Die ſeltſamen Weſen pflanzen ſi< dur< Teilung fort und nehmen wahrſcheinlih feine feſte Nahrung zu ſich.

Unklar iſt die ſyſtematiſche Stellung der- Tricboplax, wel<he Ludwig von Graff als einen ſehr tief ſtehenden Strudelwurm anſicht.