Das Autoritäts = Prinzip und die Revolution von 1789

Einleitung.

Ein gewiſſer Jnbegriff von Jdeen und Werken, Perſön= lichkeiten, Handlungen, Gefühlen und Stimmungen, welche zu ‘Anfang des neunzehnten Jahrhunderts in Frankreich auſtreten oder wirken, bildet für mein Auge eine naturgemäß zuſammen-= hängende Gruppe ſocialer und litterariſcher Phänomene, die \ſih alle um die Wiederaufrichtung einer gefallenen Größe ordnen. Dieſe gefallene Größe iſ das Autoritätsprincip.

Unter dem Autoritätsprincip verſtehe ich das Princip, kraft deſſen das Leben des einzelnen Menſchen und der Völker auf dem Reſpekt vor der Tradition baſirt. Die Autorität i} eine Macht und wirkt als Macht durch ihre bloße Exiſtenz, nicht dur<h Gründe. Sie benugzt als Wirkungêmittel Zwang und Furcht. Sie beruht auf der freiwilligen oder unfreiwilligen Unterwerfung der Gemüther unter das Gegebene.

Das Autoritätsprincip kann in Kirche und Staat, in der Geſellſchaft und in der Familie, ja in der menſchlichen Er= fenntniß als das Princip der Erkenntniß und Gewißheit geltend gemacht werden. Es wurde zu der Zeit, deren Geiſtesleben ih ſchildern will, anf all’ dieſen Gebieten zur Geltung gebracht. Es war zu der Zeit, deren Geiſtesleben ih ſchildern will, auf ihnen allen geſtürzt und über den Hauſen geworfen. Um zu verſtehen, wie es von Neuem hervorgeholt und befeſtigt, und wie es noh einmal geſprengt wurde, müſſen wir erſt ſehen, wie und kraft welcher Principien es während der Revolution zertrümmert ward.

Es war nicht auf ein Mal auf allen geiſtigen Gebieten angegriffen worden; aber es hatte ſih gezeigt, daß ſein Be= Ftehen in all’ den verſchiedenen Lebensſphären von ſeinem Be=

Brandes, Hauptſtrömungen- TIT. 0!