Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation

zur Absolutheit gesteigert wird, da die Kreatur zum Nichts wird, so daß selbst Gottes Hilfe nichts mehr nützt, da Gott die Kreatur überhaupt nicht erreichen kann, denn er ist in sich beschlossen und wirkt nur im homogenen Bereich des eigenen Wesens. Durch die Bestimmung des reinen Nichts aber wird nun erst die eigentliche Bindung Gottes an die Kreatur möglich. Das Ich, das die Scholastik als Kreatur auffaßte, es zwar besonders auszeichnete, aber gleichwohl bei der Halbheit der vornehmsten Kreatur stehen blieb. erklärt Eckhart zum eingeborenen Sohn Gottes, der nicht mehr der Gnade bedarf, weil er selbst schon die Fülle der Gnade in sich trägt. Damit hat die Gnade Gottes dem Ich gegenüber ihren Sinn und ihre Berechtigung verloren. Dem entspricht es, daß Eckhart in den meisten systematisch bedeutsamen Predigten die Gnade nicht erwähnt“) und sie gerade da nicht zur Erklärung heranzieht, wo es kirchlich „korrekt“ unbedingt erforderlich wäre. Damit bekundet er, daß sie aufgehört hat, ein Problem zu sein. Das wird symptomatisch deutlich an seiner zweimal begegnenden Auffassung von dem Verhältnis von Natur und Gnade. Nach scholastischer Lehre ist die Gnade die Erfüllung der Natur, ein Zuwachs zu ihr, der aber nur dem vernünftigen Geschöpf angedeihen könne als gratia recreationis. Über sie sagt Eckhart: Wenn ich so gut und heilig wäre, daß man mich zu den Heiligen erheben müßte, so forschen die Leute weiter und mühen sich an der Frage ab, ob das eine Natur- oder eine Gnadengabe sei. Das erklärt Edchart für eine müßige und falsche Fragestellung. Entscheidend sei vielmehr nur die Wirkimmanenz Gottes im Ich, denn Natur und Gnade sind beide von Gott und daher ist diese Unterscheidung gegenüber der Tatsache des immanenten göttlichen Wirkens belanglos°”), da es nur auf dieses Ziel ankommt und nicht auf Natur oder Gnade als bloßen Mitteln des Zugangs Gottes zum Ich. Damit wird aber ein für die scholastische Theologie bedeutsamer systematischer Unterschied wenn nicht direkt aufgehoben, so doch zumindest für belanglos erklärt, denn die Gnade ist für sie gerade das Übernatürliche.

Nun kommt zwar der Gnadenbegriff in sehr vielen Predigten und Traktaten vor, und es könnte daher der Einwand erhoben werden, Edcharts Theologie müsse von der Gnadenlehre her verstanden werden und diese sei zur eigentlichen Interpretationsbasis zu machen, wie es Karrer in seiner Schrift über das Göttliche in der Seele bei Meister Eckhart getan hat. Dem ist ent-

0) ef. Pf. 5, 8, 10, 11, 12, 14, 18, 29, 42, 45, 47, 49, 56, 57, 59, 60, 61, 65, 65. 74. S1, 82, 85 — I 155 ff, S4, SS, 89 (2), 96. Stant up. 827), RAU. 44,50; Pf. 55: 177, 32.

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