Der Jakobiner in Wien : oesterreichische Memoiren aus dem letzten Dezennium des achtzehnten Jahrhunderts
Vorleſung nicht zu Ende gebracht werden konnte, den einzelnen Geiſtlichen zum Unterſchreiben. Alle ſeßten ohne Zögern ihre Namen darunter, nur Pirkheim und ſein Nachbar erklärten, ſie hielten ſich für verpflichtet, zuerſt den Inhalt des Memoires ganz kennen zu lernen, bevor ſie dasſelbe durch ihre Unterſchrift bekräftigten. Der Kardinal warf den Beiden einen Blick zu, in dem ſich der bitterſte Haß malte, aber nur einen Moment; dann hob er die Augen gen Himmel und ſprach mit Salbung: „Der Herr, welcher unſere Herzen und Nieren kennt, weiß, daß wir bei all unſerem Thun und Laſſen ſtets nur ſeine Ehre zu befördern uns beſtrebt haben. Dies iſt auh der Zwe> gegenwärtiger Denkſchrift , welche wir Seiner Majeſtät zu Füßen zu legen vorhaben. Sollte es jedoch Ihre Abſicht ſein, hochwürdige Herren,“ (hier wandte er ſich gegen Pirkheim und deſſen Nachbar) „ſich davon durch eigene Prüfung zu überzeugen, ſo ſteht gar nichts im Wege, daß Ihnen eine Abſchrift des Memoires eingehändigt werde. Ich werde ſogleih Befehl ertheilen, daß dieſes geſchehe.“
Ein Wink des Kardinals entließ die Verſam-