Der Künstler zwischen Westen und Osten

Jakob Böhme 161

zerret die herbe Qualität hernach als ein schläfriger Mensch, der vom Schlafe aufgeweckt wird.“

Man kann „Tag“ verschieden aussprechen. — Als ob man noch im Schlafe läge: gähnend. Dann geht das a nicht durch das Tor der Zähne in das Freie, und das g bleibt im Organismus stecken. — Oder als überwacher Intellektualist, bei dem es im Gehirne helle ist. Da wird das a gedämmt und gedämpft durch das t und das g kratzt in der Kehle.

Jakob Böhme spricht „Tag“ als Verkünder des Lichtes. Das Wort ist ihm eine lebendige Signatur. Seine Sprache spricht das Ding an sich aus. Sie ist nicht subjektiv.

Er selber sagt: „Darum ist in der Signatur der größte Verstand, darinnen sich der Mensch nicht allein lernet selber kennen, sondern er mag auch darinnen das Wesen aller Wesen lernen erkennen. Denn an der äußerlichen Gestalt aller Kreaturen, an ihrem Trieb und Begierde, item an ihrem ausgehenden Hall, Stimme und Sprache kennet man den verborgenen Geist. Denn die Natur hat jedem Dinge seine Sprache nach seiner Essenz und Gestaltnis gegeben... Und das ist die Natursprache, daraus jedes Ding aus seiner Eigenschaft redet und sich immer selber offenbaret und darstellet, wozu es gut und nütz sei, denn ein jedes Ding offenbaret seine Mutter.“

„Das Wort fasset sich im Herzen...“, das heißt dort, wo die Wiedergeburt des höheren Menschen stattfindet. Solange man nicht ein Wiedergeborener ist, sind 1 Siehe Will-Erich Peuckert: „Das Leben Jakob Böhmes“,

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