Der Künstler zwischen Westen und Osten

163 . Jakob Böhme

die Laute leblos. Man vermag „Tag“ nicht richtig auszusprechen, wenn man keine Sonne in sich hat. Alpha, der Urlaut, der alle anderen in sich trägt, läuft Gefahr, vom t (dem Kreuz) getötet zu werden und von g (dem Genuß, der Schlange) verschluckt und verschlungen zu werden. Es heißt, auf rechte Art durch den Schlund der Gurgel und den Zaun der Zähne zu gelangen und das Licht der Welt, frei von Leibesbanden, zu begrüßen. Nicht trocken und nicht quallig, nicht verhärtet und nicht verweichlicht... „und wecket die herbe und bittere Qualität nicht auf“.

Das Wort braucht die Eigenschaften des sterblichen Körpers nicht anzunehmen. Ein Magenkranker ist nicht dazu verurteilt, sauer zu sprechen. Die Sprache hat, solange das Herz schlägt, Sphärenklang, Himmelslicht, ätherischen Geschmack, Gottes Schall und Hall. „Aber die Finsternis hat es nicht begriffen.“

Im Beginn von Jakob Böhmes Buch: „De Signatura Rerum“ heißt es: „Alles, was von Gott geredet, ge-, schrieben oder gelehret wird, ohne die Erkenntnis der Signatur, das ist stumm und ohne Verstand; denn es kommt nur aus einem historischen Wahn, von einem andern Mund, daran der Geist ohne Erkenntnis stumm ist; so ihm aber der Geist die Signatur eröffnet, so verstehet es des andern Mund und verstehet ferner, wie sich der Geist aus der Essenz durchs Prinzipium im Halt mit der Stimme hat offenbaret.‘‘ Das Wort ist in die „Tinktur‘ getaucht, das heißt in die Ursubstanz, aus der die ganze Welt, die Elemente, Gesteine, Pflanzen, Tiere und der Mensch entstanden sind.