Die Französische Revolution

98 Drittes Kapitel.

noh ſehr die Frage; überhaupt war es der Hoſfpartei bisher nur geglüt, den König aus dem Bannkreiſe ſeines Finanzminiſters loszulöſen, ihn vielleicht auch gegen dieſen einzunehmen, mehr aber niht. Trohdem hatte ſih Necers Poſition verſchlechtert; denn er war des Königs nicht mehr ſicher, und der Ballhauseid tat noch ein übriges, um ſeinen ſtaatsmänniſchen Ruf zu verdunkeln.

Aber alles hing auch jeßt no< von Ludwig ab, und dieſer war unberechenbar. Ob er aber den 20. Juni dazu benußt hat, um ſi zu orientieren, wiſſen wir niht. Wir wiſſen ebenſowenig, was ſich hinter den Mauern des Königs\chloſſes zugetragen hat.

Erſt am nächſten Tage !) trat man — in Verſailles — zum Konſeil zuſammen. Über die Stunde des Beginns ſind wir nicht im fſaren, da Barentin und Necker 5 Uhr ?), die Geſandten eine ſpätere Tageszeit nennen; das Ende geben alle auf 10 Uhr an: durch dieſe Dauer iſt es alſo ausgeſchloſſen, daß noch eine zweite Beratung an dieſem Tage ſtattgefunden hat.

Diesmal nahmen, wie ſhon erwähnt, die Prinzen und die Magiſtrate ?), an der Sißung teil; die Königin fehlte wiederum. Da Galaiſière mit dem Referat über Ne>ers Entwurf beauftragt *) worden war, ſo iſt ohne weiteres anzunehmen, daß er ſih beim Beginn des Konſeils dieſes Amtes entledigt hat. Necker erzählt ®), er habe den König völlig „verändert“ angetroffen und dieſer habe zwei Partien aus ſeinem Entwurf, ohne ſie genauer zu prüfen, geſtrichen: es waren die Artikel, in denen angekündigt wurde, daß die Stände gemeinſam auch über die neue Verfaſſung befinden und alle Ämter den Bürgerlichen geöffnet werden ſollten ©), und mit dieſen beiden Vorſchlägen habe er, der Miniſter,

1) Beachtenswert iſ der Unterſchied zwiſchen Barentin und Ne>er einerſeits und Cordon, Nuñez, Tronchin andrerſeits. Dieſe laſſen die Konſeils am 19., 21. und 22. ſtattfinden; jene geben überhaupt verſchiedene Tage an. — Vielleicht iſt der Irrtum dadurch entſtanden, daß am 22. Juni zwei Sißungen waren (Span. Arch. und Salz mour, au< Montmorins Brief läßt das erſchließen). Jedoch ſiche den Anhang.

2) Flammermont (a. a. O. S. 53) läßt, dem veuetianiſchen Geſchäfts= träger folgend, die Beratung von 7 bis 11 Uhr dauern; um 6 Uhr habe der König auch eine Geſandtſchaft des Adels empfangen.

3) Tronchin — 23. Juni 1789; Cordon — 26. Juni 1789. Necker a. a. O. Bd. I, S. 270.

4) Siehe S. 93.

5) In „La Révolution française“ Bd. I, S. 270.

6) Wenn die „par-tête“ Beratung ſhon eine Verfaſſungsänderung geweſen