Die Französische Revolution

Sieg der Revolution. Aufbau des neuen Frankreich. 1353

getreten —; auch die Gleichheit vor dem Geſez war durchgeführt; eine Juſtizreform ernſtlich in Angriff genommen !). Aber, kaum geneſen, fiel der Staatsförper neuen {weren Krankheiten anheim. Das Königtum war allmählich aller wichtigen Befugniſſe entkleidet und der Autorität beraubt worden *). Das Beamtentum hatte ſich zu einem Werkzeug der Nationalverſammlung umgewandelt. „Es iſ ja ein Irrtum, daß man eine Verfaſſung machen, durch Berechnung der vorhandenen Kräfte und Richtungen neu produzieren könne,“ ſagt einmal Jakob Burckhardt von Staaten der Renaiſſance ?). Die nachteiligen Folgen blieben auch in Frankreich nicht aus; und ſo meldet am 2. Dezember 1790 der Geſandte Capello nach Venedig ‘), die neue Konſtitution ſei niht monarchiſch, denn dem Monarchen werde dadurch alles genommen; nicht demokratiſch, denn das Volk iſt niht Geſeßgeber; noh weniger ariſtofratiſch, denn der Name Ariſtokrat iſt ein Verbrechen; es ſei ein Monſtrum, in welchem man alle Gewalt vermiſche und zwei einander entgegengeſetzte Fehler verbinde, Deſpotismus und Anarchie. Vor allem war es gefährlich, daß der Pöbel mehr zu Worte zu kommen ſuchte, und indem er einen ungeahnten Dru> auf die Wahlen ®) ausübte, wurde er immer mehr Herr der Sachlage ©), und nicht nur im Altertum *) iſ es ein Zug republikaniſchen Geiſtes geweſen, bei Beamtenernennungen nie die Tüchtigkeit, ſondern das Los oder den Stimmzettel entſcheiden zu laſſen. Sonach konnte das Königtum in Wirklichkeit ſhon als abgedankt gelten, und ſein Vertreter hatte jeht Grund zur Unzufriedenheit. Anderes kam dazu. Nachdem am 17. März die Säkulariſation der geiſtlichen Güter ſtattgefunden hatte, war am 12. Juli die Zivilverfaſſung des Klerus Geſey geworden: wie die Nationalverſammlung ſchon längſt das Jmperium in ihre Gewalt gebracht hatte, ſo ſollte es jezt mit dem Sacerdotium geſchehen. Was war die Folge? Ludwig XVL., deſſen religiöſes Gefühl dur jene

1) Ein neues, allgemein gültiges Geſeßbu<h kam erſt dur< Napoleon zuſtande.

2) S. 127. 3) A. a. O. S. 85.

4) v. Ranke, Franz. Geſ<h., Bd. V, S. 400.

5) Siche Taine a. a. O. Bd. II, Abt. 2, Buh 4, Kap. 3.

6) „Les mots de liberté et de despotisme sont tellement gravés dans leurs têtes, mème sans les définir, qu’ils passent (Arn eth Nr. 78) sans cesse de l’amour du premier à la terreur du second.“ „La multiplicité des Pouvoirs, les élections populaires et enfin la force qu’on donne au peuple, tout doit prolonger Vanarchie.“ Marie Antoinette am 2. März 1792 (Arneth, Brief 145).

7) E. Meyer in Sybels H. Z. Bd. XCI, S. 416.