Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

104 Jlluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

beſonderen Merkmale: in keiner anderen Slat zuvor ſind ſo gewaltige Sprengungen als Einleitung des Kampfes vorgenommen worden wie hier. - SS

Die ſtrategiſchen Abſichten der engliſchen Geſamtoffenſive des Jahres 1917 enthüllen ſi< immer klarer als Verſuch, das deutſ<he Zentrum Lille von Norden und Süden her dur oorgetriebene Keile zu flankieren, abzuſchneiden und dur<

den Dru auf das belgiſche Hinterland die flämiſhe Küſten-

ſtellung zu gefährden. Nachdem der erſte Akt dieſes Planes im Raume von Arras geſcheitert war, begann der zweite auf verkürzter Front von 15 Kilometern zwiſchen Warneton und Ypern. Die Engländer hatten dieſen Angriff auf

die vorgeſhobene deutſhe Front vor Wytſchaete ſo ſorgfältig

vorbereitet wie fein anderes ihrer großen Unternehmen. Eine konzentriſh wirkende Artillerie von überlegener Feuerſtärke begann ab 15. Maï ein langſam anſhwellendes Wirfungſchhießen auf alle Stüßpunfte, Befehlſtellen, Batterien und Kolonnenſtraßen des Abſchnittes. Mit ſ<weren Flahbahnfalibern wurden die Ortsunterkünfte verſGwenderiſ<

heimgeſu<ht, Straßenteile planmäßig umgepflügt und

Brü>en zerſchoſſen. Auf den Gräben lag ein verſtärktes Feuer von ſ<weren Gasminen. Flieger und Ballone, deren

hinter der Front wurden aus den Betten geworfen. Die Exploſion war bis London vernehmbar, wo Lloyd George eigens an die Themſe hinausgefahren war, um das Er-

eignis zu belauſhen. Am ganzen Wytſchaetebogen fuhren die Signalſterne aus den ſ<hwarzen Staubwolken in das

fahle Morgenlicht empor. Ein wildes Trommelfeuer begann und währte dur<h anderthalb Stunden.

Dann kamen die erſten Meldungen. Der Gegner war dur< die ungeheuren Sprenglüden mit ſiarfen Kräften eingedrungen; an den abgeſprengten Stellungsfeßen aber ſtieß er auf hartnätige Gegenwehr. Verſtreute Stüßpunkte, zwiſchen den Linien geſhi>t angelegt, eröffneten unverſehens ein vernihtendes Feuer und verteidigten ſih wie fleine Feſtungen, abgetrennt von jeder Verbindung. Die engliſhen Sturmfolonnen überrannten Wytſchaete und Meſſines, aber nun begann erſt der Kleinkampf in dem

| Trichtergelände. Um Meſſines mußte der Feind am fol-

genden Tage Gräben aufwerfen zur Belagerung, obwohl

ſeine Vorpoſten ſchon ein Kilometer über das Dorf hinaus- S

gelangt waren. Der Bogen der deutſhen Front war wohl frontal eingedrüdt, aber der Einbruch an beiden Flügeln war mißglü>t. Jm Norden hielten die Württemberger, im Süden

Blick üver St. Mihiel auf das ‘franzöſiſche Fort des Paroches.

Nach einem Originalgemälde des der Kronprinzenarmee zugeteilten Kriegsmalers Ernſt Vollbehv.

Zahl die deutſchen übertraf, leiteten dieſes Feuer. Endlich, am Angriffstage ſelbſt: neunzehn gewaltige Sprengungen an der ganzen Front entlang. Maſſenhaft bereitgeſtellte Stoßtruppen, Jnfanterie, Kavallerie und Tanks, im ganzen etwa 10 Diviſionen. — : : Im Doppelbogen Ypern—Wytſchaete iſt der Minenfrieg ſeit langem die Regel. Ganze «Hügel ſind hier bei St. Eloi, Hooge, Zillebeke im Laufe der Jahre weggeſprengt worden. Die Engländer behaupten, ſie hätten n im Sommer 1916 mit dem Stollenbau für dieſe Schlacht begonnen, ſeit Dezember arbeiteten ſachkundige Mineure, Bergarbeiter aus Wales, ein förmliches Bergwerk aus. Die Sprengkammern lagen weit unterhalb des Grundwaſſers in einer Tiefe von 50 und 60 Metern. Eine halbe Million Kilogramm Sprengſtoff wurde aufgewendet. Krater von 100 Metern Durchmeſſer entſtanden. « Die Trichter lagen

genau berechnet in den vorderen deutſchen Linien, die größten

dort, wo man den Frontbogen abzukneifen gedachte: im Norden bei Zillebeke am Bahneinſchnitt Ypern—Comines, im Süden an der Douve bei Meſſines.

Die Angriffsabſicht wurde bald erkannt. Erhöhte Bereitſchaft überall, die Artillerie ſtand mit allen verfügbaren Geſhüßen auf dem Poſten. Der Morgen des 7. zog herauf, trübe und unheilſhwanger. Um: vier Uhr ließ ein gewaltiger Schlag Himmel und Erde erbeben. Die Schläfer weit

die preußiſhe Garde den Feind dur< energiſche Gegen=-

“angriffe im Shah und zwangen ihn, ſchleunigſt De>ung zu;

ſuchen. Von der Mitte der Sehnenſtellung, die den Bogen ſtüßhte, gingen bayriſhe Reſerven vor. Einige vorgeſ<obene Feldgeſhüße gingen zwar na< hartem Kampfe verloren, aber fein einziges. von den zwanzig Geſhühßen, die der Feind meldete, war erſtürmt worden, alle hatten ſie gefeuert bis zuleßt und waren dann, teils verſchüttet, teils durch Treffer beſchädigt, von der leßten Mannſchaft vollends unbrauchbar gemacht, dem Feinde befehlsgemäß überlaſſen worden. Wie oft hatten die Kanoniere die Geſhüße herausgebuddelt, die Stellung verändert, wie weit hatten ſie ihre Munition über die zerſhoſſenen Wege mit den Händen heranſhleppen müſſen! Am Angriffstage holten ſie im praſſelnden Sperrfeuer elf Geſchüße aus Menin heraus und brahten nahts die unverſehrten wieder zurü>. Leutnant Neumann, ein Batterieführer, bediente ſeine Geſhühße mit zwei Wachtmeiſtern ſhließli<h ganz allein, weil die übrige Bedienung ausgefallen war. Die Batterien der Württemberger nahmen den Feuerkampf ſo beherzt auf, daß der Engländer ſeine vorgeſhobenen Geſ<hüße im Ypexrnbogen ein gutes Stü zurü>ziehen mußte. Die Schwaben konnten mit drei Vierteln ihrer Artillerie in den Hauptkampf eingreifen, nur ein Geſhüß von jeder Batterie fiel aus.

Die Fortſeßzung des Kampfes vollzog ſih nun in der