Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

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Jlluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

waren die wenigen no< benußbaren Räume mit Soldaten belegt. Einen kleinen Begriff von der Machtfülle der Sieniawskis bekommt man noch in der alten Schloßfapelle, die an der dien Feſtungsmauer neben dem Tor=bogen liegt. Sie iſt in italieniſhem Baro> erbaut und birgt in ihren beiden fuppelgekrönten Grabtapellen Fünf prächtige Denkmäler der Familie. Das größte, jenes Des - Adam Hieronymus Sieniawski, [huf der Bildhauer Johann Pfiſter aus [<warzem und rotem Marmor des Dnjeſtrtales. Baldachin gekrönt, der fünf ſymboliſhe Frauengeſtalten

der Wiſſenſchaft und Kunſt, der Macht und Weisheit

und der Mildtätigkeit trägt. Für die drei Söhne dieſes „Fürſten fertigte Pfiſter daneben ein Denkmal von ähnlicher Kraft und Schönheit. Jn der gegenüberliegenden Kapelle ſtammen von dem Lemberger Bildhauer Horſt drei Grabdenkmäler und Sarkophage. Die ganze Anlage iſt eines der bedeutendſten Kunſtdenkmäler Galiziens, und man dankt es dem Grafen Stanislaus Potocki, daß er im Jahre 1878 die Sgtloßtapelle dur< gute und verſtändige Künſtler- erneuern und inſtandſegen ließ. Denn vorher war die Kirche einmal an Juden — zu einem Branntweinlager vermietet und ward im Krimkrieg als Militärmagazin benußt. Dur<h Säbelhiebe wurden dabei die alten Denkmälex erhebli< beſhädigt. Und da die großen hebräiſchen

Buchſtaben des Wortes Jehova, das über dem Kircheneingang ſteht, aus reinem Golde ſein ſollen, ſollen böhmiſche Huſaren, die einſt hier im Quartier lagen, verſu<ht habén, |

ſie dur< Kugeln herabzuſchießen. Es gelang ihnen allerdings -nur zum kleinen Teil.

Den Sieniawskis verdankt Brzezany ſeine Entſtehung, denn die Stadtſiedelung bildete ſi<h um das SHloß herum und das kunſtſinnige Fürſtengeſ<hle<t tat alles zu ihrer Hebung und Förderung. So entſtand, ho<hgelegen Und dur< eïne Mauer mit Schießſcharten bewehrt, Ende des

ſe<zehnten Jahrhunderts die gotiſhe Pfarrkirhe mit zwei

\<höônen Seitentapellen und einem von Adam Hieronymus ſpäter daneben gebauten GloÆenturm. So frönte einen Hügel über der- Stadt, von dem aus man den weiteſten Bli> auf Stadt und See, wie ins ganze Zlota Lipatal genießt, das Kloſter und die Kirhe der Bernhardiner, deren Kirchenfeſte im Juni und September no< jeht von weither die Gläubigen anziehen. Ein altes Eichenkre1z auf der höôhſten Erhebung der Kuppe hält die Erinnerung an den Sieg von Grunwald feſt. Ein Denkmal aus neuerer Zeit iſt das von Profeſſor Marconi, dem Erneuerer der Schloßkapelle, entworfene Sobieskiwahrzeihen auf dem ſtattlihen Ringplaß vor dem Rathaus. Nach Süden zu liegt die Vorſtadt Brzezanys, Adamowka. Hier hat man an der Stelle einer Shlaht mit den Ruſſen im Jahre 1709 eine Kapelle gebaut. Nicht gar weit davon, je etwa 21/2 Kilometer nah Süden und Oſten, finden wir das Dörfchen Poſuhow und die Lyſoniahöhe, wo im Sommer 1917 die Ruſſen neuen Shlachtenlorbeer zu erwerben ſuhten. Man ſieht vom Bernhardinerhügel aus hinüber zu den Kampfſtätten; der Shlachtenlärm hallte ſchaurig in den leeren und verlaſſenen Straßen des podoliſchen Städthens. Es war ein zauberhaftes Bild, wenn man in tlaren Mondnächten da oben ſtand und auf die von blaſſem Silberlicht

übexrfloſſene Stadt bli>te, während am Horizont das ganze |

Feuerwerk der Schlacht aufblißte und der Geſhüßdonner weithin dur< die S<hluhten und Täler rollte.

Die Zerſtörung der Funkenfſtation auf der ruſſiſchen Inſel Nunö durch deutſche Waſſerflugzeuge. (Hierzu das Bild Seite 121.)

Der Seekrieg in der Oſtſee iſt ſo ganz anders verlaufen,

als man allgemein vorher gedacht hatte. Da die Nordſee naturgemäß der Hauptkriegſhauplaßz für die deutſche Flotte werden mußte, blieb für die Oſtſee nux ein geringer Teil der Kriegſchifſe übrig, was die Deutſchen dort zu einer abwartenden Haltung zwingen mußte.

200 000 Tonnen groß war und weitere 100 000 bald nachher in Geſtalt von vier Großkampfſchiffen hinzutraten, zeigte ſie keinerlei Angriffsgeiſt, ſondern zog es vor, hinter ausgedehnten Minenfeldern ein beſhauliches Daſein zu führen.

Eine ruhende Ritterfigur wird von einem

um Waffenſtillſtand ins preußiſche Lager.

artenDe1 __ Trotzdem die | baltiſhe Flotte der Ruſſen zu Beginn des Krieges über | g

Nur die Minenſchiffe waren an der Arbeit und matten

“dem von den Ruſſen von jeher beliebten Minenweſen alle

Ehre. War -es den deutſhen Kreuzern und Torpedobooten in dem erſten Kriegsjahre no< leiht möglih ge-

weſen, in den Finniſhen und den Rigaiſhen Meerbuſen

einzudringen, ſo wurde dies ſpäter dur verankerte und

treibende Minen immer gefährliher. Jnfolgedeſſen traten

die Unternehmungen der deutſhen Schiffe, abgeſehen von

denen der U-Boote, immer mehr zurü>; Luftſchiffe und

beſonders Flugzeuge nahmen ihre Stelle ein im Kampfe

gegen Schiffe, Flottenſtüßpunkte und ſonſtige militäriſche nlagen. :

Nach der Beſetzung der Südküſte des Rigaiſhen Meer=buſens dur< deutſche“ Truppen verſuchten die Ruſſen, ihren Gegnern den Auſenthalt dort dur<h das Eingreifen=laſſen von Kriegſchifſen ſo ungemütli<h wie mögli<h zu machen. Die Schiffe wurden aber na<h kurzer Zeit duUr< deutſhe Flieger vertrieben. Zur Abwehr richteten die Ruſſen auf den Inſeln vor dem Rigaiſhen Meerbuſen Flugſtationen ein, mit deren Fahrzeugen die deutſchen Flieger man< ruhmvollen Kampf beſtanden haben. Wie= derholt wurden die feindlihen Flugpläße ausgiebig mit Bomben belegt und zerſtört. Dieſe Unternehmungen waren um ſo leihter, je überraſchender ſie dur<geſührt wurden; es galt alſo, beſonders die Stellen zu vernichten, von denen aus das Beobachten und Melden der ankommenden deutſhen Flugzeuge mögli< war. :

Mitten im Rigaiſchen Meerbuſen liegt die Inſel Runs, auf der bereits im erſten Kriegsjahre eine Landungsabteilung von S. M. S. „Augsburg“ den Leuchtturm zer=ſtört hatte, um die Abgabe von Lichtzeihen zu verhindern.

- In rihtiger Erkenntnis der Wichtigkeit dieſer Jnſel, der in-

folge der ausgedehnten Minenfelder dur< Schiſfe kaum no<

beizukommen war, errihteten die Ruſſen dort ſpäter eine

Funkenſtation, die alle Beobachtungen auf dem Waſſer und

_in dex Luft weitergeben konnte und: den deutſchen Fliegern

ret hinderli<h war. Zu ihrer Zerſtörung ſtieg am 14. Juni 1917 eine Anzahl Waſſerflugzeuge auf. Ohne auf Gegenwehr zu ſtoßen, gelang es ihnen, dur< zahlreihe Bomben die Haupt= und- Nebengebäude in Brand zu ſehen. Wieweit dabei die aus mehreren eiſernen Maſten und Maſchinenanlagen beſtehende Funkeneinrihtung zerſtört worden war, ließ ſih von den Flugzeugen aus niht mit Sicherheit feſtſtellen. Hierzu war eïne Landung nötig, bei der etwa no brauhbare oder wiederherſtellungsfähige Anlagen vernihtet werden ſollten. Schon am nähſten Morgen erz ſchienen wieder deutſhe Flugzeuge über der Jnſel. Auch diesmal fanden ſie feine Gegenwehr. Mehrere der Doppelde>er waſſerten und rollten auf den flahen Strand; Sekunden ſpäter ſtürmten ihre Jnſaſſen auf die die Funkenſtation tragende Höhe, wo furz darauf Sprengwolken, zu-

ſammenbrechende Maſten und einſtürzgende Mauern zeigten,

daß die Funkenſtation Runs gründlich zerſtört worden war.

Während der Sprengungen hielten die übrigen Flugzeuge

Wade, um die militäriſhe Beſaßzung der Inſel im Schach zu halten und Luftangriffen zu begegnen; aber die Ruſſen

_ dachten niht an Gegenwehr. Nach Ausführung ihres Aufz

trages ſtiegen die gelandeten Flieger wieder auf, vereinigten ſih mit ihren Gefährten und erreihten alle wohlbehalten ihren Stüßpunkt.

IWJaffenſtillſtand und Friedensverhandlungen. Von Richard Graf Du Moulin E>art.

Am Tage nach der Schlacht bei Königgräß ſandte Feldmarſchall Benedek den Freiherrn v. Gablens mit der Bitte Er wurde gar niht vorgelaſſen, ſondern erhielt nur den Beſcheid, daß der König zur Bewilligung bereit ſei unter der Bedingung der Übergabe der Feſtungen Königgräß, Joſephſtadt und Theres ſienſtadt. Da Freiherr v. Gablenz dafür keine Vollmacht hatte, verzögerte ſih die öſterreichiſche Antwort um mehrere Tage, und als er wieder kam, war es zu ſpät. Durch das Eingreifen Napoleons hatte ſich die politiſche Lage völlig ewandelt, und Moltke erklärte dem Abgewieſenen, daß'die öſterreichiſchen Vorſchläge unannehmbar ſeien Das iſt ein geradezu typiſhes Sulbeiſpiel für die Behandlung der Waffenſtillſtandsfrage durch eine ſiegreihe Armee.

_Zum Frieden wäre Preußen ſofort bereit geweſen, und