Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

Jlluſkierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

Plänen entſprach, ließ er ſi herbei, dem beſiegten Gegner Luft zu machen. So hat der Vertrag von Leoben, Der der Wiener Hofburg die Rettung dünkte, ihn ſelbſt aus \<hwierigſter Lage befreit. Ihm konnte ſih der Friede von Campo Formio anſchließen, aus dem hinwiederum na< Bonapartes Willen jener Kongreß von Raſtatt Hervor=ging: das e<te Bild der alten Zeit, in dem das Diplo=matentreiben des ahtzehnten Jahrhunderts ad absurdum geführt worden iſt und jene ihr eigenes Satyrſpiel der Welt vorgeführt haben. : Und do hat au< Napoleon ſi< einmal, und zwar im entſheidendſten Augenbli>e, in ſeinen eigenen Mitteln getäuſht, als er nah den beiden großen Siegen von Großzgörſhen und Baußgen den Waffenſtillſtand von Poiſhwiß ſhloß. Jener 4. Juni 1813 ward ihm ſelbſt zum Verhängnis, den Gegnern aber bot er die Rettung. Er glaubte die gewonnene Friſt nüßen zu können, ſein Heer zu verſtärken

_ und die Zwietracht zu ſäen zwiſchen ſeinen Feinden. . Aber-

auh dieſe haben die foſtbaren Wochen niht ungenüßt verſtreichen laſſen und Napoleons Starrſinn gewann ihnen den dritten Verbündeten, deſſen ſie bedurften, um des gewaltigen Gegners Herr zu werden. Als der Feldzug wieder begann, da mußte der Kaiſer erkennen, daß [ih das Blatt zu ſeinen Ungunſten gewendet hatte. Das Schi>ſal pote an die Pforte. : : Alle dieſe Beiſpiele, denen ſi< viele andere zugeſellen ließen, bergen reiche, erñſte Lehren für unſere Tage. Die Klage über die lange Dauer des Krieges muß ſ{<hweigen. Und ſie kann es. Denn unſere Lage iſt jeßt günſtiger denn je. Wir ſehen langſam die Früchte der gewaltigen und glüdlihen Offenſiven reifen, die unſere Heere in Oſt und Weſt ſo weit hineingeführt haben in Feindesland. Nun zwingt die eigene Not die Gegner zur Offenſive, die ihnen ungeheure Opfer zumutet und ſie vor unſeren Stellungen verbluten läßt. Denn eine mißglüdte Offenſive ſ<hädigt die Gegner unter Umſtänden mehr als eine verlorene Sthlacht. Sie ſ<hwächt ihre zahlenmäßige Überlegenheit und nimmt ihnen die Möglichkeit entſheidenden Erfolgs. Und während ihre Sturmſcharen zuſammenſhmelzen in unſerem Feuex, geht der U-Bootkrieg ſeinen feſten, fur<t=baren Gang. Unerbittlih greift er dem Feinde an den Lebensnerov, bis ex dieſen ſelber trifft. Den Augenbli> gilt es Zu erwarten in Geduld und Vertrauen. Jn_unſerem Hauptquartier ſtehen die genialen Führer unſeres Heeres und unſeres ganzen Volkes auf hoher Warte, von der aus ſie die weitgedehnte Lage überſhauen. Sie ſind voll Zuvexrſiht. So dürfen wir es auh ſein. Sie werden die Stunde erkennen, da der Feind das Fruhtloſe ſeines Kampfes einſehen muß und ſih zum Frieden gezwungen ſieht. Abex ein Diplomatenfrieden wird das niht. Weder der Spuf von Münſter und Osnabrü>, no< von Raſtatt und vom Wiener Kongreß wird ſih erneuern. Und darum wird der Waffenſtillſtand, der auf der ganzen Linie halt gebietet, niht bloß der Vorbote des Friedens ſein, ſondern dieſen ſelbſt im Schoße tragen. Wie in den drei Kriegen Bismar>s. Das Schwert allein hat ihn gewonnen, das Shwert _ wird au<h in dieſe Wagſchale gelegt werden.

Die Se<lacht in Oſtgalizien. Von Dr. Frit Wertheimer, __Kriegsberihterſtatter der Frankfurter Zeitung. i I. Borbereitungen, Führung, Fronétverlauf, An= fangserfolge. Am 1. Juli 1917 teilte der Kriegsminiſter Kerensfi dem Miniſterpräſidenten Lwow telegraphiſh und mit faſt fran-. zöſiſhem Überſhwang mit, daß die ruſſiſche revolutionäre Armee die Offenſive ergriffen habe.

Geſamtanſicht des italieniſ<en Panzerwertes Punta-Cerbin im Südtiroler Grenzgebiet:

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Man kann ſi in das ſtolze Hochgefühl hineindenken, das dieſen „ruſſiſhen Gambetta“ beſeelte (ſtehe au< den Artikel Seite 117). Eine harte wochenlange Arbeit ſ<hien von Erfolg gekrönt, ein politiſher und militäriſher Auflöſung verfallenes, in ſeiner Manneszuht lo>eres Heer wieder in der Hand ſeiner Führer. Und das iſt Kerenskis unbeſtreitbar perſönlihes Verdienſt. Gefangene erzählen, mit welcher Begeiſterung dieſer junge, blei<h und kränklih ausſehende Mann an der Front empfangen wurde, wie er bei Stäben und Offiziersverſammlungen, vor den Soldatendeputierten und in den Shüßengräben ſpra<h, müde manmal, aber unermüdli<, ſtets anfeuernd und aufpeitſhend, ein wahrer Apoſtel des Ententeglaubens. Eine großzügige Auffklärungsarbeit ſete mit amerikaniſhen Mitteln und engliſcher Beweisführung an der ganzen ruſſiſhen Front ein. Der. ſhmiegſam weiche, gläubige und leiht zu überredende ruſſiſhe Soldat ſtand wochenlang unter einem Trom=melfeuer der Wühlarbeit, das \<ließlih au< den Üarſten Verſtand trüben, die härteſten Gegengründe erſhüttern mußte. Ein Zahlenhagel ſauſte auf dieſe armen Köpfe, der unwiderlegli<h beweiſen ſollte, wie man in Deutſchland hungere, an Rohſtoffen leide, uneinig und politiſ<h geſpalten ſei, wie în Öſterreih-Ungarn die Dinge no< viel ſ<hlimmer lägen. Ein zermürbtes Heer, deſſen beſte Teile zudem dex engliſh - franzöſiſ< - italieniſhe Anſturm an der Weſt- und Südfront feſſele und fernhalte, ſtehe den Ruſſen gegenüber. Es zu beſiegen ſei leiht, von ihm ſih gefangen nehmen zu laſſen, bedeute Hunger- und Martertod. Ein fleiner Anſtoß no< und der Feind dreier entbehrungsreicher Kriegsjahre müſſe fallen. Und den Todesſtoß ſolle ihm das freie revolutionäre Heer der ruſſiſhen Republik verſeßen, das der inneren Befreiung vom Zarismus die äußere Befreiung der armen geknehteten Welt vom Hohenzollernmilitarismus zugeſellen dürfe. Leichte Lorbeeren winkten! Denn niht mehr mit den Zähnen ſollten die ruſſiſhen Jnfanteriſten die feindlihen Linien und Drahtverhaue zerbeißen müſſen — unwiderſtehlihe Maſſen von Artillerie ſollten ihnen eine Gaſſe hauen, eine Breſche ſchießen, in der weder ein feindliher Mann noh ein Geſchüß oder Maſchinengewehr mehr lebte und Widerſtand leiſtete, ſo daß mit geſ<hultertem Gewehr und unter den Klängen ſeines Freiheitsliedes das Revolutionsheer über die Leichenfelder ſiegreih einherſ<hreite.

So Éang es aus tauſend Kehlen der Aufheßer und las man es auf Millionen von Dru>ſchriſten. Und Englands Gift wirkte in den von Freiheitsphraſen berauſhten Köpfen.

Eine gewaltige Arbeitsleiſtung ging damit in aller Stille Hand in Hand. Truppenanſammlungen in bisher faum gefanntem Maßſtabe erfolgten, Artillerieparke wurden nah weſtlihen Muſtern zuſammengezogen, Munitions= ſtapel häuften ſih. Jn einer Zeit, da die Zeitungen der Welt voll waren von Meldungen über ruſſiſhen Streit : und ruſſiſhen Wirrwarr, ruſſiſhe Streike und ruſſiſhe

Bahnſto>ungen, da über das Lügenneſt Sto>holm die wilde-

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