Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

174

Jlluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

Meldung bis heute abend.“ — Die beiden Flieger ſehen ſih an. - Der Abteilungsführer bemerkt den Bli. „Ja, ja! Ein hübſches Ende, nah der Karte über einhundertfünfzig Kilometer! Alſo nehmen Sie genügend Betriebſtoſf mit, aber au< ein paar Îeine Bomben; man Tann nie wiſſen !“ Alle drei lahen und beugen ſi< über die Landkarte. Eine halbe Stunde ſpäter ſißen die beiden Flieger in ihrem Doppelde>er, der Propeller läuft mit TangſamerTourenzahl. Gre?“ Ora SS Nun brüllt der Motor auf, der Doppelde>er rollt und ſteigt in engen Kurven über den Flugplaß. Dreimal fliegt er, um Höhe zu gewinnen, den Kreis über dem Heimathafen, dann — als der Höhenmeſſer über 2000 Meter zeigt weiſt der Beobachter [<harf na< Weſten, zur Front über den Feind. E Unten iſt are, ſonnige Luft, in der Höhe ſ<hwimmen große, dide Wolken wie losgeriſſené Schneeberge oder weißen, plumpen Schiffsrümpfen vergleihbar im leihten

Sommerwind. Der Doppelde>er ſteigt; der Führer will

über den Wolken weiter — iſt doh jede eine De>ung gegen

ſauſt ein paar hundert Metex höher ſeinem Ziele zu. Die zerſhoſſenen Häuſer unten auf der Erde, das charaf-

teriſtiſhe Zeihen des Landſtreifens hinter der Kampf-

linie, ſind verſ<wunden; rote Ziegeldächer, weiße Straßen, Waſſerläufe und Brüten blinken auf. Der Beobachter hat

längſt das Doppelglas an den Augen und ſu<t ſpähend die Gegend ab. Ein Bli> auf die Karte, ein zufriedenes Ni>en; ſie fliegen genau die Straße na<h Grandville an. Tiefſte Ruhe herrſ<ht ringsum; ſo weit ex ſehen kann, ſind

die Straßen leer, keine Wagenzüge, keine Kolonnen zu

finden. S Unruhig bli>t der Beobachter aus — es muß doh eiwas zu ſehen ſein, und zwar etwas Wichtiges, ſonſt hätte ſie das Armeeoberkommando niht hierhergeſhi>

Da iſt die Straße na< Grandville. Der Beobachter winkt ſeinen Führer [harf nah re<hts ein und ſteht nun aufre<t im Flugzeug, ſpäht mit allerſhärfſten Sinnen.

Dort liegt Grandville, eine feine altertümlihe Stadt. Man ſieht no< die Sternform, die der jezt verſhwundene Feſtungswall aus dem ahtzehnten Jahrhundert der Stadt-= grenze einpreßte. Eine Handbewegung malt dem Führer des Flugzeugs einen Kreis vor; in weitausholendem Bogen umfährt der Doppelde>er die feindlihe Stäite. -

E M cen Male e

ſcheinen wieder die Sprengwölkhen; aber _gleih in dihten Haufen Ringsum ſ<hwimmen ſie wie ungeheure Watteflo>en, auh grauſ<hwarze Rauchknollen dazwiſchen. Holla — wo ſo viele Fla batterien ſtehen, muß etwas zu verbergen ſein! Die feindlihen FlaË fanoniere unten nnen den fremden Vogel far ſehen, der über ihrem Lager [<webt; immer friſhe Sprengwolken ent= ſenden einen Hagel von Schrapnellſplittern, um das Geheimnis zu hüten. Ein Wink, der Führer ni>t, es geht tiefer. So ſteil na< unten iſt dex Sturzflug gerichtet, daß einen Augenbli> lang die Batterien ſ<hweigen und glauben, den Späher ge=-

Bor dem Abflug des Beobachtungsflugzeuges. : Der Beobachter nimmt die photographiſhe Kamera an Bord; der Mann im Vordergrund bringt das Maſchinengewehr.

N unten an der Front ſpähenden Abwehrbatterien des eindes.

Jezt ſind ſie ſhon übex den Gräben. Jm graubraunen, von Granattrihtern pod>ennarbig zertupften Gelände ſind geza>t die Schützengräben eingezeihnet, dazwiſchen nah vorn und rü>wärts Querlinien: vorgeſ<hobene Sappen und Verbindungsgräben. Aber ſhon iſt das Flugzeug, das mit 150 Kilometern Stundengeſhwindigkeit dahinbrauſt, über die Kampffront weggeflogen, der \hühßende Streifen der Wolkended>e iſt zu Ende, Îlar \<hwebt es durch die ſichtige Luſt.

Da — oor ihnen, aber etwa 600 Metex nach links, ſtehen -

plöglih feine weiße Wölkhen, neben denen raſh andere

auftauchen und die immer näher herankommen. Der Bez

obahter Topft mit dem Finger auf den Sturzhelm des Führers. Der dreht ſih um und winkt lähelnd. Es ſind Sprengpunkte plaßender Schrapnelle, die feindlihe Flaïbatterien (Flugabwehrkanonenbatterien) heraufſhi>en. Jm=mer mehx Batterien b ſhon - ſteht ein weit ausholender Kreis ſolher Sprengwolken 1m das Flugzeug, Dahinter, davor — immer neue.

Der Führer greift an den Gashebel, der Motor verſtummt, mit Éraftlos ſ<hlagendem, bald ſtillſtehendem Propeller gehts in jähem Gleitflug hinunter — 1000 Meter tiefer. So, nun wieder Vollgas, und weiter ins feindlihe Land. Und ehe die Artilleriſten unten ihre Richtmittel und dann ihre Geſchoßzünder auf die neue Entfernung eingeſtellt Haben, iſt der Doppelde>er Tauſende von Metern entfernt und

‘iligen ſih an der Schießerei, denn |

ſollen au< etwas befommen.

Phot. _Prosfauer.

troffen zu haben. Sie irren ſih, der deutſche

ſehrt, und der Beobachter hat gefunden, was er ſuchte.

“Schon hat er die ſ<hwere Lichtbildkammer (dienſilih ein=-

geführtes deutſhes Wort für“ „photographiſhe Kamera“) gefaßt und hält ſie frei nah unten über Bord. Ihn ſtört das Gewicht der Kammer niht — etwa dreißig Pfund —, ihn kümmern die Shrapnelle niht, die ſi<h wieder heran=geſchoſſen haben — ex hat ſein Ziel gefunden. i Wirklich, ganz geſchi> gemacht, denkt er, während ex in Haſt die belihteten Platten in friſche Kaſſetten auswe<ſelt. Aber was iſt denn da vorn? Da iſt ja dicht hinter dem Wäldchen ein ganz neuer Bahnhof aufgebaut! Mindeſtens zehn — zwölf Bara>en, dort Truppenzelte und Geleiſe, Rangieranlagen — alles voller WagenNa, wartet! Der Führer braucht keine Anweiſung mehx,

er hat dasſelbe wie der Beobachter geſehen, Und durh

langes Zuſammenarbeiten erprobt, mit kaltem Mute und unverbrauchten Nerven, hat er nux ein Beſireben: ſeinen Kameraden gut an das Ziel zu bringen. So — die Platten ſind verbraucht, dieſe Arbeit iſt fertig. Die Geſchüße unten bellen ununterbrochen, und als jeßt wieder der Motor ſhweigt, hören die Flieger das dumpfe Krachen der Abſchüſſe, das erſt hinter dem pfeifenden Klang der plaßenden Geſchoſſe heraufdröhnt. Die Flakbatterien

St — es geht zur Tiefe, daß der Wind in den Drähten

pfeift und heult; aber Spanndrähte und Tragflächen halten.

Hier in dem Waldſtreifen ſcheinen die Flakbatterien zu

Doppelde>er iſt unver=-