Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

349 S Jlluſtrierte Geſchichte des“ Welttrieges 1914/17.

als unwürdig angeſehen wurde, und dank der Macht des amerifaniſ<hen Dollars fehr gute Erfolge. Das Geld wirkte vielleiht no< mehr als die Enthüllung dex Entgleiſungen des Grafen Luxburg, des deutſhen Vertreters in Buenos Aires.

Eine ſüdamerikaniſhe Republik na< der anderen bra< die diplomatiſhen Beziehungen zu Deutſhland ab, ohne

dafür irgendwie ſtihhaltige Gründe angeben zu Éönnen.

Coſta Rica, Peru, Paraguay und Uruguay ſtellten ſi zu Anfang Oftober auf die Seite der Feinde Deutſchlands. Der Prôſident von Uruguay ſagte in ſeiner Erklärung an die Kammer des Landes offenherzig, die Regierung von Uruguay

ſei zwar niht unmittelbar von Deutſchland beleidigt worden,

es ſei aber notwendig, ſi< mit den Verteidigern der Gerehtigleit, Demoftratie und der Üeinen Völker in Übereinſtimmung zu ſetzen. . - :

Die Vereinigten - Staaten wirkten zu gleiher Zeit

Jlluſtcierte Kriegsberichte.

Die Eroberung von Dſel. Von Dr. Friz Wertheimer, Kriegsberichterſtattex der Frankfurter SS Zeitung. x 1. Vorbereitungen und Überfahrt.

Die erſte große deutſhe Überſee-Expedition im Weltfrieg iſt in prähtiger Zuſammenarbeit von Heer und Marine gelungen, ein neuer gewaltiger Súſlag iſt dem ruſſiſhen Gegner verſeßt worden. Schon am Tage na der Eroberung Rigas ſ<hrieben die Londonex „Times“, da=mit hätten die Deutſhen no< [ange niht die Seeherr]<hafſt im Rigaiſchen Meerbuſen, erſt müßten ſie no< die Inſel Öſel er-= obern, die der Shlüſſelpunkt für die Seeherxſchaſt in der öſtlihen ODſiſee ſei. Daß auch die ruſſiſ<he Marineleitung dex glei<hen An= ſiht war, erfannte man mittelbar am Zuſtande der Feſtung Dünamünde. Wohl gab es dort eîne Anzahl großer und ſ<hwerer Batz terien, aber die ganze Anlage war veraltet und ſihtli< vernathläſſigt. Denn mitten im Weltkriege hatten die Ruſſen wohl auf engliſhe Anregung hin — begonnen, die den Eingang zum Rigaiſchen Buſen ſperrende Inſel Öſel ſtark zu beſtü>en und zu befeſtigen, und hatten ſomit den Shwerpunft ihres Marine=\hußes vom Ende der Bucht an ihren Eingang vorgeſ<hoben. Man munkfelte in Riga viel davon, daß bei allen ruſſiſhen Seeunterneh=mungen die Engländerihre Hände

Bizeadmiral Erhard Schmidt,

im Verein mit den europäiſchen Verbandsmächten weiter gegen die no< neutralen Staaten Europas. Sie

‘waren entſ<loſſen, au< dieſe zur Teilnahme am Krieg zu

zwingen oder ihnen mindeſtens mit Gewaltmaßregeln das Leben zu erſhweren. Schweden, Norwegen, Dänemark und Holland erfuhren, was es hieß, ſi<h der Übermacht Englands und ſeiner Verbündeten niht in allen Stücken demütig zu fügen. Die Vereinigten Staaten ſuchten dieſe Länder niht nur dur Ausfuhrverbote für unentbehrlihe Lebens- und Gebrauchsmittel auf die Knie zu zwingen und ihre Schiffahrt dux< Verweigerung von Kohlen zu unterbinden, ſondern ſie beſ<hlagnahmten ſogar neutrale Schiffe, um ſie für ihre Zwe>e im Kriege gegen die Mittelmächte zu verwerten. Dieſe Vorgänge ließen vermuten,

daß die Feinde no< einmal alle Kräfte zuſammenfaſſen

wollten, um den Vierbund endlih zu beſiegen. f (Fortſeßung folgt.) S

unſerer eigenen Öſelexpedition gab vielen unſerer See- und Landoffiziere einen Begriff davon, welhe Summe von Leiſtungen au< England in dieſem Kriege hintex ſich hatte,

-was es heißt, eine Dardanellenoperation über viele Hun-

derte von Seemeilen weg auszurüſten, monatelang zu unterhalten und ſ<ließli<h wieder ziemli<h heil vor Galli:

poli abzubauen, einen Salonikifeldzug zu unternehmen, bei

dem das Völkergemiſch des Hee: res noh erſ<werend dazuïtam, \Gließlih aber auch die engliſhen Heere in Frankrei<h mit Nachhub an Mannſchaften, Lebens: _ mitteln und Shhießbedarf tägli und ſtündli< zu verſorgen. Weiter aber fonnte man na< allen > theoretiſhen Berehnungen nun au< praftiſ< erproben, was es _mit Amerikas Eingreifen in den Fe ſtlandskrieg auf ſi hat. Und inſofern iſt dieſe Öſelexpedition _ über ihren eigenen Erfolg hinaus gewinnbringend in jeder _ Richtung für uns: für ein Aufeinandexr-Einſpielen bisher ge-_ trennt marſhierender Waſfen_ gattungen und für die tiefe ErTenntnis dex Leiſtungen Und Anſtrengungen unſerer Feinde, die Grundlage und Vorbedin=gung iſt für alle Gegenmaßnahmen, um am Ende do< - Sieger zu bleiben.

Die Jnſel Dſel war vor dent Weltkrieg von den Ruſſen nur wenig beachtet worden. 250 Grenzreitex, cine Art Zollzwächter, das war alles, was an Beſaßzung auf ihr ſtand. Aber ſhon zu Beginn des Krieges

Hofphot, FJ. Urbahns, K

im Spiele hätten, daß von ihnen Leiter der Unternehmungen der deutſ<hen Marine bet dem Vor- Wurde thre Zahl auf 900 erhöht, die Entwürfe (und der Beſehl) gehen in der Bucht von Riga, wurde mit dem Orden Pour le Mérite und thr Oberſt, Je <himowitſ<,

zur Öſelbeſeſtigung ſtammten, | daß ſie Offiziere und ein paar tauſend Mann Marinetruppzn auf der Jnſel dauernd untergebracht hätten und anderes mehr. Wahr iſt, wie ſih dann herausſtellte, davon nur, daß hie und da wohl einmal ein engliſ<her Offizier auf der Jnſel zu Gaſte war, daß auh zuweilen engliſhe Fliegeroffiziere erſchienen oder ein engliſ<hes U-Boot an der Reede von Arensburg feſtmachte. Sofort nah der Einnahme Rigas ſtand auh bef- der deutſchen SHeeresleitung der Plan feſt, die Jnſel zu erobern. ‘Aber zwiſchen Plan und Ausführung mußten in dieſem Falle naturgemäß einige Wochen liegen, weil die Schwierigkeiten der Vorbereitung ganz außerordentlih groß waren. Zum erſten Male galt es bei uns, eine Zuſammenarbeit zu erproben, die im Laufe vieler Jahrhunderte unſerem |{<ärfſten Gegner, England, ſozuſagen in Fleiſ<h und Blut übergegangen iſt, die ex au< im Weltkriege tagtäglih erproben und ausgeſtalten konnte. Und erſt der Maßſtab

ausgezeihnet,

war als beſonders tatkräftig und ſhneidig ſ<hon aus der Zeit des Ruſſeneinfalls in Dſt preußen wohlbekannt. Jm Januar 1915 kam eine Drusſhine, ein Landſturmbataillon, dazu, deſſen Führer zwar ein Brudex des Dumapräſidenten Rodzianko war, der aber ni<t im Rufe ſonderliher Klugheit ſtand. Dieſe Druſchine wurde dann dux< eine Marinebrigade zu drei Regimentern von je 1000 Mann erſeßt, eine Art beſſerer Räuberbande, und ihr folgten im Frühjahr 1916 zwei ausgezeihnete Jnfanterieregimenter und im Mai 1917 ein drittes, weniger gutes Regiment. Der Diviſionſtab ſaß in Arensburg und unterſtand einem Admiral der „Poſition Moon“, wie die Ruſſen die ganze Gruppe nannten. Die Inſel Moon ſelbſt wax von Truppen ziemli< frei. Jm ganzen ſtand alſo eine beträhtlihe tampffräftige Beſaßung hier, von dex ganz braver Widerſtand zu erwarten war. Wochen- und monatelange Fliegeraufflärung hatte aber auch exgeben, daß ſehr viele Fliegerſtationen auf Öſel er=