Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

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‘größeren, zuſammenhängenden Kampfhandlung fam es im erſten Drittel des Junis niht. — : Auf den türkiſchen Kriegſchaupläßen herrſhte im all-

gemeinen Ruhe, weil dort die für den Kampf ungünſtige Zeit angebrochen war. An der Sinaifront waren die

Engländer fieberhaft mit der Vorbereitung neuer Angriffe beſchäſtigt und die Türken trafen entſpre<hende GegenmaßGaza, Jaffa und andere Pläße des zukünftigen

nahmen. Kampfraumes wa=ren von der Bevölkerung geräumt worden, um ſie im Hinbli> auf die | rüſihtsloſe Ans= wendung Der eng=liſhen Sciffsge\hüße niht den Kriegsnöten aus=zuliefern. Die Tür=fen führten wei=tere Verſtärkungen heran (ſiehe die Bilder Seite 27), unter denen ſi auch deutſ<heTrup= pen und öſterrei= <iſh-ungariſhe Batterien befanden. Lange K0= lonnen braten neues Kriegsmate=rialdur<hdie Wüſte herbei, die fein Hindernis bot, das niht zu überwinden geweſen wäre.

Jlluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

Sach- und militäriſche Schaden, den die Beſchießung bei Ordhen ergab. Dort wurden die Hafengebäude umgelegt, ein Beobachhtungspoſten vernihtet und die Gebäude des Generalſtabs der ruſſiſhen Armee zerſtört. Das Poſt- und Telegraphenamt, die Kaſernen und verſchiedene Depots gingen in-Flammen auf. Der gleichzeitig \<harf betriebene Handelskrieg führte zur Vernihtung von 147 Segelſchiffen

mit wertvollen Ladungen jeder Ark.

An der ruſſiſchen Hauptfront, beſonders in ihrem ruſſiſ<h-=rumäni= [hen Teil (ſiehe — die Vilder Seite 58), zeige [ih neueS Leben. Den eifrigen Bemühun=gen des franzöſi-= [hen Munitionsminiſters Thomas in Rußlard war es nah und na< geglüdt, die ruſ=_ſiſhe Regierung von der Notwen=Digteit der Fort=ſeBung des Krieges zu überzeugen. Keren, dex neue -Kriegsminiſter,be=gab fi pexrſönlih an die Front, um die Soldaten in dieſem Sinne zu beeinfluſſen. Er ſtieß dabei aber auf unerwartet ſtarken Widexrſpru<, denn die Soldaten fin=-

Im Kata: fus war es etwas =, i i lebhafter geblieben. Wie in der vorausgegangenen Zeit, ſo ereigneten ſi<h au< gegen Ende Mai und Anfang Juni. zahlreihe Feuergefehte der Artillerie und der Infanterie.

Am 29. Mai unternahmen türkiſhe Kriegſchifſe wieder einmal eine größere Streiffahrt auf dem Schwarzen Meer. Es handelte ſi< darum, die rü>wärtigen Verbindungen der Ruſſen zu ſtören und ihren Stapelpläßen Schaden zuzufügen. An dex anatoliſchen Küſte wurden in der Gegend von Tſchekirogly ein Munitionslager und eine Fabrik. ver= nihtet. Jn Saſum wurden Kaſernen, Artilleriedepots und eine Dampfmühle mit ſtarker Wirkung beſchoſſen. Jn Uni “ gelang die Zerſtörung einer Kaſerne, einer Mühle und

An der Oſtfront gefangene Ruſſen mit Stahlhelmen im Sammellager. —

eines Landungſteges. Von ſehr großem Umfange war der

gen an, zu begrei=

| SE fen, daß ſie ſih nur für England nußlos opferten. Wie wenig vorläufig an eine neue Offenſive zu denken war, brahte auch der General Alexeiew zum Ausdru>, der offen erflärte, daß mit einem Heere, aus dem [<on 11/2 Millionen Mann zum Teil bataillonsweiſe den Weg aus der Front in die Heimat genommen hatten, Éeîn Krieg geführt werden könne. Der Oberbefehl über die Armee wurde dem General Bruſſilow (ſiehe Bild Band Y Seite 72) übertragen, der für beſonders tatlräftig gelten tonnte, doh au< ihm war es niht mögli<h, den Truppen die nötige Begeiſterung einzuflößen. Die Ruſſen waren zur Vorbereitung des Frieden|<luſſes mehr geneigt (ſiehe Bild Seite 55 oben) als zur Wiederaufnahme der Kämpfe. i (iFortſeßung folgt.)

Illuſtrierte Kriegsberichte.

Charafkterföpfe der Weltfriegsbühne. Von Dr. Frhren. v. Ma>ay.

5. Konſtantin [, (Hierzu das Bild Band IIl Seite 363.)

S<hlenderte man ehedem dur< die Stadionſtraße zu Athen, ſo konnte man niht ſelten eine gerade für den Deut=ſchen auffällige Eigenart der Volfſittent wahrnehmen. Marſchierte ein Regiment mit der aufgerollten Fahne, die das weiße Kreuz im blauen Felde zeigte, vorbei, ſo blieb jeder Grieche entblößten Hauptes ſtehen, ja jede auf Anſtand haltende Dame grüßte das Feldzeichen mit tiefer Verbeugung; der König dagegen, der ſih in einfacher Bürgerfkleidung oder in unauffälliger Marineuniform zu exgehen Tiebte. wurde vielfah überhaupt niht oder niht mehx dals irgendeine höhere Standesperſon beahtet. Dex alte demofratiſhe Geiſt ſte> eben dem Griechen tief im Blut. Die Fahne war ihm heilig als Sinnbild dex nationalen Größe, die er mit oft re<t ſ<hwärmeriſ<hen Hoffnungen und Träumen von der zukünftigen Reichsherrlihfeit umſpann,; für monarchiſche Jdeen hatte er wenig Verſtändnis und Sinn. Georg 1. beſaß niht die Gabe, die

Herzen der Griechen für das Königtum zu entflammen. Er gewann wohl dur< Hexrzensgüte und tiefe, umfaſ=ſende Bildung viele Herzen und vornehme Geiſter, blieb aber als ein Däne e<t nordiſher Art ein Fremder in ſeinem Lande, ſo wie ſeine Gemahlin Olga, die zariſhe Großfürſtin, ſtets die Ruſſin im Denken und Fühlen zeigte. Sein Sohn Konſtantin iſt der erſte auf grie<iſ<hem Boden geborene Sproß der Dynaſtie, die der Bruder Fried=rihs VIII. von Dänemark in Athen aufrihtete, aber

‘auh der Herxrſchex, der ſih, obwohl Deutſcher ſeiner Er=

ziehung und Weltanſchauung nah, doh durchaus als Hellene fühlte und im Gleichklang ſeiner Empfindungen mit den Beſten ſeines Volïs Ehrfurcht für das monarciſhe Jdeal zu erweden verſtand, das geſunden Nationen no< etwas mehr gilt als der Volksherrſchaftsgedanke in den modiſchen,

ausgedroſchenen, von Händlergeiſt und großtapitaliſtiſhen

Geſchäftmachern entwürdigten Formen, mit denen die Verbandſtaatsmännex hauſieren gehen und Deutſchland beglüden möhten. —

Als feſtlicher Salut von der Akropolis aus am 2. Auguſt 1868 ſeine Geburt- ankündigte, umfkränzte das Griehentum ſeine Wiege mit den kühnſten Hoffnungen. Konſtantin XI, Dragades, hieß der lebte der byzantiniſhen Kaiſer, der,