Die Physiognomie des Menschen

Fig.14

4. Die Stirn.

Zum Antlitz des Menschen gehört alles, was unterhalb des Schädels liegt. Die Stirn ist der Teil des Gesichtes, der unter dem Vorderhaupt, zwischen ihm und den Augen liegt und nach den Seiten bis zu den Schläfen reicht, wie Aristoteles in seinem Buch ‚Über die Tiere“ schreibt. An ihr kann man viele seelische Krankheiten ablesen. Nach Plinius verrät sie Traurigkeit, Heiterkeit, Sanftmut und Sorglosigkeit. Früher war sie der Schamhaftigkeit heilig; deswegen sagte man sprichwörtlich von dem Schamlosen, er habe seine Stirn entblößt, als habe er mit der Hand die Schamhaftigkeit aus dem Gesicht gestrichen. Manche Leute, die man Metoposkopen”) nennt, weissagen aus gewissen Zeichen dieses Körperteils, nach meiner Ansicht nicht mit zwingender Sicherheit, sondern mehr nach Willkür und Neigung.

Die große Stirn:

Bei Aristoteles und Galen steht: Auf einer großen Stirn sitzt die Trägheit. Trogus hatte dieselbe Ansicht, wie Plinius irgendwo abfällig bemerkt. In seinen „Physiognomonika“ schreibt Aristoteles: Einer großen Stirn entsprechen Trägheit und Furchtsamkeit, wie es bei den Ochsen der Fall ist. Bei Polemon ist eine große Stirn meistens für Faulheit kennzeichnend. Adamantius setzt nicht große, sondern flache Stirn. Sein Text, der dem Aristoteles und allen anderen Autoren widerspricht, wird wohl verfälscht sein. Rhases, Albertus, Conciliator und andere schließen sich der Ansicht des Aristoteles an. Nach dem Philosophen Meletius sind Leute mit übermäßig großen Stirnen eines langsamen und geringen Verstandes, und zwar wegen der großen Stoffmenge, die sich nicht leicht lenken läßt, und ferner, weil dann der Vorderteil des Gehirns viel Phlegma enthält, das den Geist schwächt und ablenkt. Je weniger umgrenzt und straff eine Kraft ist, desto schwächer ist sie.

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