Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.
4 TI. Das Zeitalter der franzöſiſchew Revolution.
und nach langwierigen Verhandlungen, bei denen der Wiener Abgeſandte Baron Spielmann oft in Verzweiſlung geriet, ein günſtiges Ergebnis bot. Die Gefahr eines preußijchen Angriffs war nun glülich abgewendet; ein Fahr ſpäter wurde auh mit der Türkei der Friede zu Siſtowa geſchloſſen.
Unterdeſſen nahmen die weltbewegenden Ereigniſſe in Frankreich ihren raſchen Lauf. Die Umwandlung des abſolutiſtiſh regierten Staates in eine fonſtitutionelle Monarchie ſtieß weder bei Kaunihß noch bei Leopold II. auf kurzſichtiges Widerſtreben. Für den Sieg der Volks3gewalt begeiſterten ſich ja damals die beſten Männex in den deutſchen Landen und die Sympathie griff auch in Öſter=reich um ſich. Aber die Bedrängniſſe, in die das franzöſiſche Königshaus geriet, konnten den deutſchen Kaiſer auf die Dauer nicht gleichgültig laſſen, ſo ſehr er von aufrichtiger Friedensliebe erfüllt war 1). Die Nachricht von dem Fehlſchlagen der Flucht Ludwigs XVI. wirkte auf Leopolds Gemüt beſorgniserregend ein; der Bruder begann für das Wohl ſeiner Schweſter zu zittern. Am 6. Juli 1791 richtete Leopold an die Souveräne von Rußland, England, Preußen, Spanien, Sizilien und Sardinien und an den Kurfürſten von Mainz die Aufforderung, dem Könige von Frankreich zu Hilfe zu kommen und ſich über die Maßnahmen zu einigen, durch die die Freiheit und Ehre Ludwigs XVT. und ſeiner Familie hergeſtellt und den gefährlichen Ausſchreitungen der franzöſiſchen Revolutionäre wirkſam Grenzen geſezt werden könnten. Jn dieſen Bemühungen begegnete ſich Leopold IT. mit Friedrih Wilhelm II., der den Umſchwung in Frankreich als prinzipieller Gegner verurteilte. Am 25. Juli wurde bereits in Wien ein Vertrag zwiſchen Öſterreich und Preußen abgeſchloſſen, der beiden Mächten in allgemein gehaltenen Ausdrücken den ungeſtörten Beſiß ihrer Länder garantierte und die Verſicherung enthielt, daß die zwei Staaten beſtrebt bleiben würden, die einflußreichſten Herrſcher Europas zu einem gemeinſamen Vorgehen gegen Frankreich zu ſammeln. Einen Monat nachher trafen ſich Öſterreichs und Preußens Monarchen in Pillniß, wo ſich außerdem die anmaßenden Wortführer der großſprecheriſchen franzöſiſchen Emigranten einfanden. Wie die Wiener Abmachungen hatten die Pillnizer Vereinbarungen nur einen abwehrenden Charakter; ſie waren nicht ſhmetternde Signale zum Angriffe, ſondern Verſuche zur Einſchüchterung. Als Vorausſezung für ein aggreſſives Vorgehen galt ja das Zu-
1) Adam Wolf und Hans von Zwiedine>-Südenhorſt. Öſterreich unter Maria Thereſia, Joſef IT. und Leopold Il. Berlin 1884.