Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.
A. Öſterreichs Gegenwehr und Demütigung. 27
Einfall in das engliſche Gebiet als für den Vorſtoß nah Öſterreich vorbereitet worden zu ſein. Kaiſer Franz ließ einen Teil ſeiner Truppen im September 1805 über den Jnn marſchieren und das franzöſiſche Heer zog mit bewundernswerter Eile dem Rheine zu. Jm ganzen ſtellte Öſterreich drei Armeen auf; die eine wurde dem Erzherzog Carl, die andere dem Erzherzog Johann unterordnet. Die Truppen, denen die Operation in Deutſchland zugewieſen war, befehligte der Generalquartiermeiſter Ma >. Auch von Rußland wur=den drei Armeen erwartet. Kaiſer Franz hatte bei der Wahl ſeines Heerführers Mat einen ſ{<le<ten Griff getan. Er ſ{hlug die Warnungen ſeines Bruders Carl in den Wind. Ebenſo betrachtete Graf Ludwig Cobenzl den General Ma als ſeinen Mann, ſo daß er in dieſer Zeit mit dem Erzherzoge Carl auf geſpanntem Fuße lebte. Ein merkwürdiger Menſch, ein Bringer des ſhwärzeſten Übels war dieſer Mak. Für kleine Aufgaben nicht ungeeignet, durſte er für große Leiſtungen nicht in Betracht gezogen werden. Phantaſtiſch in ſeinen Plänen, bezwingend als Redner — man nannte ihn den „militäriſchen Demoſthenes“ —, ein berauſchender Führer am grünen Tiſche, wurde er naív în den Stunden der Gefahr, kindiſch auf dem Schlachtfelde. Ma hat die Kataſtrophe von Ulm leichtſinnig verſchuldet. Jm Oktober mußte er vor Napoleon kapitulieren ; der nominelle Oberbefehlshaber Erzherzog Ferdinand und Fürſt Schwarzenberg hatten mit ihren Schwadronen ſchon früher den gefährdeten Ort verlaſſen, an dem nur Verblendung und Unfähigkeit fleben bleiben fonnten. Jmmerhin ſtre>ten no<h 25 000 öſterreichiſche Soldaten voll Verzweiflung ihre Waffen. Als Ma> nach der Kapitulation eine Zuſammenkunſt mit Napoleon hatte, vernichtete ihn dieſer vollends mit den Worten: „Wie konnten Sie ſo eigenmächtig ſein, ſi auf dieſem elenden Plage, der nicht einmal den Namen einer Feſtung verdient, verteidigen zu wollen?“ Viele Fahre zitterte der Schmerz über die Tragödie von Ulm nah, und Anaſtaſius Grün ließ einen alten Krieger gegen Ma> den grimmigen Vorwurf ſchleudern :
„Ein Feldherr, der dem eignen Heer einflößte Todesſchre>en;
den Männern einſt in blanker Wehr gebot: Die Waffen ſtre>en!
O Ulm, du haſt die Schmach geſehn, den Tag verhüllt von Schande!
Des dunklen Schleiers Schatten ſtehn no< ſ<hwarz ob unſerm Lande.““