Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.
98 TT. Der Kampf gegen Napoleon.
Für die Koalition wider Frankreich war die Niederlage ein wuhtiger Stoß. Zwar wurde faſt um dieſelbe Zeit auf dem Meere der denkwürdige Sieg von Trafalgar errungen, doch den Ausſchlag mußten die Ereigniſſe auf dem Feſtlande geben. Erzherzog Carl hatte ſeine Armee bei ſeiner Ankunft in Ftalien in einem troſtloſen Zuſtande vorgefunden. Nun ſuchte er raſh zu beſſern, was ſich in der Eile verbeſſern ließ, und er trug ſogar über Napoleons General Maſſena einen Sieg davon. Dieſen weiter zu verfolgen, blieb keine Zeit, denn Erzherzog Carl mußte ſ{leunigſt aufbre<hen, um in den deutſchen Landen Rettung zu bringen.
Für den Kaiſer der Franzoſen lag der Weg nach Wien offen. Sein Ehrgeiz brannte danach, in der altehrwürdigen Donauſtadt, in der Hauptſtadt des Deutſchen Reiches, als Eroberer einzuziehen. Anfangs November verließ Graf Ludwig Cobenzl „mit bitteren Tränen“ Wien; überhaupt begann jetzt ein allgemeines Flüchten, ganz ſo wie Anno 1797 und 1800, als die franzöſiſchen Krieger dem Stefansturme nahegefommen waren. Am 12. November marſchierte Prinz Murat durch das Tor der kaiſerlichen Hofburg und Napoleon {lug im Schloſſe Schönbrunn ſeine Reſidenz auf. Die Wiener empfanden no< ni<ts von nationaler Schande; neugierig muſterten ſie auf den Straßen die fremdartigen Uniformen ; ſie ſtießen ſich und drängten ſich, um den neuen machtvollen Schloßherrn in Schönbrunn, der ein mildes Regiment entfaltete, mit eigenen Augen zu ſehen.
Ein Tag, der für ganz Europa zum gewaltigen Ereigniſſe wurde, brach an. Zar Alexander, der mit ſeinen Truppen herbeigeeilt war, fonnte ſein Temperament nicht zügeln und wollte gegen Napoleon den entſcheidenden Schlag führen, den Gegner zermalmen. Alle Warnungen, nicht voreilig zu ſein, verhallten ungehört; Rußlands Kaiſer wartete niht einmal die Ankunft des Erzherzogs Carl ab, der mit 80000 Mann in Eilmärſchen nah Wien vorrückte. Der Hochmut im Lager Alexanders kannte keine Grenzen und beſ<hwor namenloſes Unglück herauf. Während Kaiſer Franz im Schloſſe zu Auſterliß franf daniederlag, wurde ohne Wiſſen dieſes Monarchen, ja ſelbſt ohne daß ein großer Teil ſeiner Generäle davon erfuhr, der Plan für die Schlacht vom 2. Dezember 1805 entworfen — für die kataſtrophale Niederlage der Verbündeten. Als der Kampf begann, war die Gegend in dichten Nebel gehüllt. Erſt ſpäter dur<hbrach die Sonne das Gewölf und beleuchtete blutigrot das Schlachtfeld und Napoleons Triumph. .Die Sonne von Auſterliz! Zar Alexander wurde