Geschichte der französischen Revolution

Die Eröffnung der Reichsſtände. 25

band in den Haaren; ringsum die Prinzen und Würdenträger, die Damen in großartigen Toiletten. Etwas tiefer hatten an einer langen ſamtbede>ten Tafel die Miniſter in Robe und Degen, Ned>er allein im Ausgehanzug, Plaß genommen. Zur Rechten des Saales folgte der Klerus, zur Linken der Adel; dann kam in ſ<warzem Voſtüm die Menge des dritten Standes. Hinter den Säulen drängten ſi<h Zuſchauer, an 2000 Köpfe. Die Nation war ſo repräſentiert, wie es ihrer Vergangenheit entſprach: Dem traditionellen Pomp des Hofes, der von Adel und Geiſtlichkeit flankiert war, trat, ſtark dur< die Sahl und balò au im Beſige der tatſächli<hen Macht, ohne äußeren Prunk der dritte Stand gegenüber. In dieſem Kreis verlas Ludwig die Thronrede, die ſi< ſhon von den Dezemberverſpre<hungen wieder entfernte; als er geendet, fam es zum erſten Swiſhenfall. Der König bede>te ſein Haupt und nah altem Brauch tat der Adel dasſelbe; einzelnen Bürgerlichen, die dem Beiſpiel folgten, ſuchte man dies zu wehren dur< den Ruf „Hut ab“, bis der Fürſt ſelbſt mit gutmütigem Lächeln den Hut wieder abſezte und alle zwang, ihm zu folgen. Nach einer Rede des Siegelbewahrers Barentin, der vor „verderblihen Chimären“ warnte, gab Ne>er in dreiſtündigen Ausführungen ein ſ<önfärberiſhes Bild von der Finanzlage des Staates, das troß des Beifalls, der dem geſprochenen Wort folgte, ſpäter niemand befriedigte, als man den Wortlaut in den Zeitungen las.

Am folgenden Tage traten die einzelnen Stände getrennt zuſammen, und ſhon bei der Prüfung der Vollmachten fam es zum Streit über die näcſtliegende und wichtigſte Frage, ob eine Vereinigung der Stände ſtattfinden und na<h Vöpfen abgeſtimmt werden ſollte. Erſt nah wochenlangen reſultatloſen Verhandlungen hierüber nahm die Verſammlung des tiers am 17. Juni auf Betreiben des Abgeordneten von Paris, Sienès, den Titel Nationalverſammlung an. Mochten Adel und Geiſtlichkeit ſi<h ferner allein zuſammenfinden, nur die Assemblée nationale galt fortan in den Augen des Volkes als die Verſammlung des ganzen Reiches, und ſie gerierte ſi<h au< als ſolhe. Darüber kam es ſogar ſhon zu einer Spaltung im Klerus, deſſen größere Hälfte mit dem Volke ging, während die „ariſtokratiſ<he“ Minorität ſi<h mit dem Adel in einem Proteſt beim Könige zuſammenfand. Dieſer aber hat damals in Marly,