Geschichte der französischen Revolution

Der 20. Juni 1792; „das Vaterland in Gefahr“. 47

den, auf dem du bleiben mußteſt, um ſie zu zerſtören, die Nation nur dur Vertrauen ſiher gemacht, um den Erfolg deiner Treuloſigkeit niht zu gefährden: Du willſt uns heute dur heu(leriſhe Beteuerungen hintergehen. Nein! Menſch, den der Edelmut der Franzoſen niht zu rühren vermochte, Menſch, der nur für die Herrſchaft des Deſpoten Empfindung hat, du haſt dein Gelübde auf die Verfaſſung niht erfüllt, du biſt nihts mehr für dieſe Verfaſſung, die du ſ<nöde gebrochen haſt, nihts mehr für dieſes Volk, das du ſo feige verraten haſt.“ Am 4. Juli wurde der Antrag: das Vaterland iſt in Gefahr, ohne die königliche Sanktion angenommen. Das bedeutete, wohl verſtanden von der Gironde veranlaßt, eine Reihe von Maßregeln, dur<h die ganz Franfkreih in ſeinem Innerſten aufgewühlt wurde. Jeder mußte fortan Waffen tragen; man fühlte, daß der König den Schuß niht mehr gewähren tonnte wie früher ; es bedurfte der Kraft jedes einzelnen zur Rettung des Landes, und ſo wuchs das Selbſtbewußtſein der Maſſen. Bald wurden ſogar Vagabunden und Verbrecher mit Piken verſehen.

So fur<tbar war dieſer erſte Vorſtoß der Gironde gegen das Königtum, daß die Verſammlung ſelbſt für gut fand, ihn wieder abzuſhwächen dur jene rührſame Szene, die in der Geſchichte fortlebt als Baiser Lamourette (Der Kuß des Lamourette). Die Anregung des Biſchofs Lamourette, daß alles Unglü> des ſ<hönen Vaterlandes nur von den Entzweiungen herrühre, war der Anlaß, daß die Mitglieder aller Parteien ſi<h umarmten und küßten, daß man au< Ludwig zu dieſem Auftritte herbeiholte, der bereitwilligſt verſicherte: „Die Nation und der König ſind eins.“ Und doch befand man ſi<h ſhon in offener Auflehnung gegen den Monarchen, der einem Antrage des Kriegsminiſters, im Norden von Paris ein Lager von 20 000 Söderierten zu erri<hten, au< dann niht ſtattgegeben hatte, als die Nationalverſammlung ihn angenommen hatte. Dann fam allerdings die Reiſe Lafayettes na< Paris, der fortan als General der Gegenrevolution betrahtet wurde. Nach ſeiner Rü>tehr zur Armee verbrannte die Menge ſein Bild im Palais Royal. Gegen den Willen des Königs wurde die militäriſche Föderation gutgeheißen von der geſeßgebenden Verſammlung, und 3000 Sreiwillige kamen na< Paris. Ein Bataillon aus Marſeille brate damals das Kriegslied mit, das urſprüngli<h für die Rheinarmee verfaßt und dem Mar-