Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

100 Neueſte Geſchichte. 1. Zelitranm.

8. Staatsſtreih vom 18. Fructidor des Jahres Ÿ (4. Septen ber 1797).

Die Territorialmandate waren no< viel raſcher als früher die Aſſignate gefallen. Im Januar 1797 ſtand 1 Frank in Silber 1000 Franken in Mandaten gleich. Die Landleute wußten dieſes unſichere und geſunkene Papiergeld von ſic fern zu halten, oder es bald los zu werden, indem ſie dafür Parcellen von Nationalgütern kauften, oder damit auf den unzähligen Verſteigerungen den eingezogenen Hausrath *) der Ausgewanderten, und Geräthſchaften aus den ſäkulariſirten Kirchen und Klöſtern erſtanden. Die ſtädtiſchen Arbeiter mußten ſih die Mandate gefallen laſſen, litten dur ihren niedrigen Werth, durc den hohen Preis der nothwendigſten Lebensbedürfniſſe, ſuchten ſi aber dur einen erhöhz ten Preis für ihre Leiſtungen zu entſchädigen. In eine beſonders üble Lage geriethen oft diejenigen Perſonen, welche Forderungen an Andere zu machen hatten. In dieſem Verhältniß gaben ſi früher vielleicht nie geſehene Erſcheinungen kund. Anſtatt daß gewöhnlich der Schuldner den Gläubiger ſcheut, trat jezt das Gegentheil ein. Ein unredlicher Schuld= ner wollte von dem Fallen der Aſſigaate und Mandate Vortheil ziehen, und ſi< durc ſie von den voz der Revolution eingegangenen Verpflichz tungen befreien. Der Gläubiger ſuchte den ihn bedrohenden Verluſt ab=zuwenden, indem er den Anbli> ſeines Schuldners vermied, ſich frank ſtellte, verreiſte oder ſi verbarg, nur um die Zahlung nicht annehmen zu müſſen. Viele Schuldner, die nicht die Abſicht hatten, ihre Gläubiger zu betrügen, aber kein baares Geld beſaßen, bezahlten dieſelben in Koloa nialwaaren, Stoffen und ſonſtigen Werthſachen, die wieder ſo ſ{hnell als möglich feil geboten, und aus einem Hauſe in das andere getragen wur= den. Es entſtand in Paris eine Art von Verkehr, wie man ihn früher nicht gekannt hatte. Die meiſten Familien, welche etwas beſaßen , fauf= ten und verkauften unaufhörlich, und ihre Wohnungen ſahen wie Maga= zine aus.

*) Eine Menge von ſeltenen Sachen (koſtbare Schreinerarbeit, Vaſen, Glass gemälde, mittelalterlihe Waffen und Rüſtungen, illuſtrirte Meßbücher u. ſt. w.) wanderte damals aus den Schlöſſern und Abteien in die Hütten der mit dem eigentlihen Werthe dieſer Dinge ganz unbekannten Bauern, wurde dann von Trödlern erkauft, und ging zulebßt in den Beſitz des wohlhabenden Mittelſtandes über. Kenner und Liebhaber waren im Stande, mit mäßigem Aufwand, bedeus tende Sammlungen anzulegen. Das Muſeum Cluny in Paris iſ auf dieſe Weiſe von einem Privatmanne , dem ehemaligen Rath am Oberre<hnungshofe, Duſommerard, gegründet worden,