Geschichte der revolutionären Pariser Kommune in den Jahren 1789 bis 1794
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damit man mit ihnen die angreifenden Truppen zerſchmettern konnte. Es hatte ſi< ſ{<nell eine Nationalgarde gebildet, welche alle Poſten bezog. Die Bevölkerung blieb in Erwartung des Angriffs ſeitens der Truppen die gauze Nacht auf den Beinen. Jndeß waren die Truppen, ſelbſt die fremden Regimenter, ſo demoraliſirt, daß die adeligen Offiziere keine Macht über ſie hatten und an einen Angriff von ihrer Seite nicht zu denken war. E Í 22
Gerade in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli hatte der König ſeinen Staatsſtreih ausführen, die National-Verſammlung aus Verſailles vertreiben und Paris zuſammenſchießen laſſen wollen. Als er jedo< erfuhr, daß in Paris die Revolution ſiegreih und das Militär unzuverläſſig war, fiel ihm das Herz in die Kniekehle. Der König gab ſein verruchtes Vorhaben auf, ebenſo ſeine beabſichtigte Abreiſe und erſchien am nächſten Morgen, nachdem ex ſi<h dur< Schlaf ernüchtert hatte, in der National-Verſammlung, um ihr anzukündigen, daß er ſih der Liebe und Treue ſeiner Uñterthanen anvertraute und den Truppen Befehl zum Abzuge gegeben hätte. Ne>ex wurde zurücberufen. Die kontrerevolutionären Miniſter mußten den Hof verlaſſen. Die verbiſſenen Prinzen, wie der Graf von Artois, der Prinz von Condé, der Prinz von Conti und die Familie Polignac gingen, wohin fie gehörten, ins Ausland.
Paris hatte dur<h den beabſichtigten, aber mißlungenen Staatsſtreich des Königs eine National-Garde erhalten. Es erhielt dur<h denſelben auh eine Munipalizität, eine eigne, auf Wahl beruhende ſtädtiſche Behörde. Beides war der Hauptſtadt nothwendig, wenn ſie in der Revolution die Führerſchaft übernehmen wollte.
Als in die Provinzen die Nachricht vom Sieg dex Pariſer gelangte, wurden au dort überall Munizipalitäten und National-Garden*) eingeführt. Die Bauern aber gingen noh weiter : ſie ſezten den rothen Hahn auf die Schlöſſer ihrer adeligen Schinder und verbrannten die aus der ſto>finſtern Nacht der mittelalterlihen Knechtung ſtammenden Urkunden. Eingeſcgüichtert dur die Landarbeiter-Auſſtände , erklärten in der Nacht vom 4. Auguſt die Adeligen die ſämmtlichen Frohndienſte und ſonſtigen perſönlichen Leiſtungen der leibeignen und hörigen Bauern für abgeſchafft. Judem ſie dieß thaten, ſuchten ſie zu retten, was no< zu retten war. Sie erklärten ſi<h nämlih zugleih bereit, die NaturalLeiſtungen und Zinſe gegen eine entſprehende Geld-Ablöſung fahren zu ſaſſen. Die geiſtlichen Herren, die Prediger der <riſtlichen Unterthänigkeit, benahmen fi< zäher, mußten ſpäter aber ebenfalls ihre Leibeigenen und Hörigen für frei erklären.
So war der Revolution zur Weiterentwi>elung der Boden geebnet. Alles dieß verdankte die Revolution dem Verſuche des heimtüciſchen
*) Jn verſchiedenen Theilen Frankreichs beſtanden dieſelben ſchon, Sie waren hier errichtet worden gegen die vielen Brot- und Getreide-Aufſtände, welche in Folge des Hungerjahres 1788—9 in den Provinzen ausgebrochen waren. Ohne Yuuger wäre die Revolution viel milder verlaufen , ja vielleiht überhaupt nicht zum ordentlichen Durchbruch gekommen, j
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