Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

40. Bählamm, der verhinderte Dichter (Von Wilhelm Busch)

Das Weinen (Fig. 38)

Beim Weinen treffen ebenfalls mehrere Elemente zusammen: das Aufreißen des Mundes wie beim Schreien, das Schluchzen und die Tränen. Nicht immer müssen alle drei zusammen auftreten, insbesondere muß die Mundöffnung nicht groß sein. Fehlen aber die Tränen, so sprechen wir nicht eigentlich von Weinen. Des Schreiens ist schon das Neugeborene fähig, des Weinens noch nicht.

1. Dem Weinen liegt ein ausgesprochen schmerzliches Erlebnis zugrunde, das nicht einmal überraschend kommen muß; denn weinen können wir sehr lange über ein altes Leid, während man nicht lange ununterbrochen lachen kann. Hier bewirkt eben der dauernde Schmerz das Aufreißen des Mundes, er schafft sich sozusagen Luft (Großes Leid I, 4). Wir wissen nun auch, woher die schmerzlindernde Kraft des Schreiens rührt, ganz abgesehen von den Tränen. Geschlossener Mund bedeutet Konzentration (vgl. Lippenschluß), daher geöffneter: Lockerung der Konzentration, hier Ablenkung

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