Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

laut auf. Auch hier also gibt es archaische Ausdrucksformen des Weinens — das Schreien gehört dazu — und kultivierte, wie es die Tränen sind.

Zusammenfassung über das Lachen und Weinen

1. Das Lachen entsteht durch lustvolle Entgleisung eines für Angriffszrvecke bereitgestellten Energievorrats in der steckengebliebenen Angriffszange des aufgerissenen Mundes. Hiebei ist die Mundspalte verbreitert, die Mundmwinkel sind hochgezogen und es wird mit stoßreiser Hemmung geräuschovoll ausgeatmet.

2. Wir lachen, wenn ein angenehmer Schock die Seele trifft, der zıwar einerseits unsre Willens- und Angriffskräfte (also den mundoerschließenden Lippenmuskel und den den

Mundminkel herabziehenden Dreiecksmuskel) lähmt, ihnen zugleich aber für eine Weile ihre lästige Dauerspannung abnimmt und dadurch einen ursprünglicheren Zustand rieder herstellt. Das seelische Lachen erfolgt, wenn die Überraschung auch der Seele gestattet, einen solchen längst verlassenen, aber in mancher Hinsicht bequemeren Zustand einzunehmen. 3. Es gibt eine archaische Grundform des Lachens, das Grinsen, in welchem noch viele Angriffsmomente zur Geltung kommen, und eine kultivierte Form mit vorwiegend offener Zuwendung.

4. In Weinen treten drei Elemente zusammen: das Schreien, das Schluchzen und die Tränen. Das Schreien lindert die Schmerzkonzentration durch Abfuhr einer unlustvollen Energiespannung bei geöffnetem Munde. Das Schluchzen entsteht, wenn der verlorene Gegenstand, der die Trauer auslöste, so lebhaft vor die Seele tritt, daß wir ihn gleichsam im Einatmen zu erfassen suchen; das naturgemäße Mißlingen des Anschlusses symbolisiert sich durch die stoßrveise

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