Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

Ill. TEIL

DER CHARAKTER ALS GESAMTGESTALT UND DIE TECHNIK DER AUSDRUCKSDEUTUNG

Nun haben wir die ganze Vielfalt der Sinneseinstellungen an uns vorüberziehen lassen; wir können jede Physiognomie genau nach jedem einzelnen Zug untersuchen, können die Tabellen zurate ziehen und mit möglichster Eindeutigkeit jedem Ausdruckszug einen Charakterzug zuordnen. Sind wir jetzt schon fertig, können wir jetzt ein Ausdrucks- oder Charakterbild liefern?

Schon bei den Mundeinstellungen ist uns aufgefallen, daß, je mehrere wir ihrer kennenlernten, desto mehr sich uns zu einheitlichen Gruppen zusammenschlossen; diese bildeten dann komplexere Einstellungen, aus denen die primitiven viel besser verstanden werden konnten. So war es für uns aufschlußreich, in der Ekelstellung den bitteren Zug, aber auch die Spuckstellung wiederzufinden. Und so werden wir auch weiterhin sehen, daß die mimischen Züge zu Gruppen zusammentreten, in denen erst ihre Verteilung und ihr Gewicht für das Ganze bestimmt wird; die allen übergeordnete Gruppeneinheit ist dann eben die Physiognomie als Gesamtgestalt. Deshalb bietet uns jedes lebende Ganze mehr als nur die Summe seiner Teile. Streng genommen können wir auch die einzelnen Ausdruckszüge ohne ständige Bedachtnahme auf das ganze Zusammenspiel gar nicht deuten, die Auswahl. aus den Rubriken der Tabellen kann sonst gar nicht vorgenommen werden. Sehr selten prägt sich eine seelische Haltung oder eine Charaktereigenschaft nur in einem einzigen

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