Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

2. Auch beim Munde müssen wir angeborene Körperformen von Ausdrucksformen unterscheiden, doch gibt es unter jenen solche, welche als ersfarrte erbliche Ausdrucksformen zu denken sind: volle und dünne Lippen, großer und kleiner Mund, starke und schwache Backenknochen, vorstehendes und zurückmweichendes Kinn, die physiognomischen Falten, die Lippenschweifung. Ihnen dürfen wir nur mit einer geroissen Wahrscheinlichkeit symptomatischen Wert für den Charakter zusprechen.

3. Es gibt ‚bei allen Mundeinstellungen auch archaische und kultivierte Formen, so z. B. im genießerischen Zug der Unterlippe, in der Schmweifung des Amorbogens, im Lachen und Weinen.

4. Es gibt einander ähnliche Mundeinstellungen, die wir unterscheiden müssen: z. B. Lächelstellung und Peinstellung der Mundmwinkel, Leidenszug und bitteren Zug, prüfenden Zug und Schmollstellung.

5. Bei den Mundstellungen müssen wir von den einfachsten Horizontal- und Vertikalspannungen ausgehen. Es stellt sich dann heraus, daß sie alle gruppenmweise von komplizierteren, aber biologisch dennoch primären Einstellungen abzuleiten sind, und zwar von der ER-, Saug-, Schmerz- und Ekelstellung. 6. Eß- und Saugstellung sind hiebei Einverleibungsstellungen, Ekel- und Schmerzstellung Ausstoßungsstellungen. Dem Munde stehen alle drei Dimensionen zum Ausgreifen seiner Affektzangen zur Verfügung: die seitliche Dimension für die Mundminkelzange, die vertikale für die Kieferzange, die Profildimension für die Lippenzange (Fig. 37).

?. Der Mund besitzt endlich auch Atmungseinstellungen in den Affektzuständen des Lachens und Weinens, und zrıar ist das Lachen eine Ausatmungs-, das Weinen eine Einatmungsstellung .