Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

— ein Bild aufnehmender Empfänglichkeit und Aufmerksamkeit, gefühlsbetonten Interesses. Und doch gibt es Momente, welche den Kontakt einengen, so daß wir erkennen, daß das Interesse einem einzigen Ding zugewendet ist: die Augachsen sind konvergent, die Augen schauen nach außen; zugleich sind die Mundwinkel seitwärts gerichtet und deuten an, daß es sich um ein geistiges Interesse handelt. Die Augen sind hier nicht nur Träger von geistigen, sondern auch von Gefühlsbeziehungen, dagegen zeigt der Mund verstandesmäßige Vorgänge an. In dieser Hinsicht herrscht also wieder gleichmäßige Verteilung vor.

Auf den folgenden Bildern (Wedekind VIII, 5; Michaela IV, 1; Siegfried IX, 1; Schmeling XII, 8; Kürten XVI, ?) nimmt der Mund insofern an der abgedeckten Einstellung der Augen teil, als die Mundwinkel seitlich gerichtet sind. Sonst ist der Mund geschlossen, und zwar manchmal recht fest (Schmeling).

Abroehrstellung in Augen und Mund zeigen Verdi VI, 6 (Schmerzstellung), und die Frau vom Piz Palü XI, 2 (Ekel-

stellung).

Bei der Vergine von Luini (IV, 6) wurde schon das leichte Einwärtsschmelzen der sonst vollen Lippen als ein verhängter Zug bezeichnet, der mit der träumerischen Insichgekehrtheit der Augen gut übereinstimmt. — Bei dem Arbeitslosen am Weihnachtsabend (XV, 4) zieht der verhängte Zug der „langen Nase“ den Mund in Mitleidenschaft und vollendet das Bild der Resignation, die, bis zu den geschlossenen Lidern, nichts mehr vor sich sieht, während bei dem Arbeitslosen an der Seine (XVI, 1) zwar die Augen offen sind, aber ins Leere schauen, der Mund gut geschlossen ist, aber nur um den Zigarrenstummel; die innerliche Verhängtheit wird hier durch die fehlende Aufmerksamkeit bezeugt.

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