Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

VII, 2); es scheint die Gruppe mit den offenen Augen und dem leicht abgedeckten Munde zu sein.

Niederes Formniveau zerstört nicht nur die mittlere Einstellung des Normalkontakts, indem der Charakter seiner straffen Zentriertheit beraubt wird und in die Extreme auseinanderfällt, sondern er macht die Rückkehr in diesen Normalzustand schließlich überhaupt unmöglich. Die Psyche erkrankt zu Wahnsinn, Selbstmord, Verbrechen. Alle diese Fälle konsolidieren die zerfallene Psyche in kleineren Teilausschnitten, die in der Welt nicht mehr orientiert sind. Der Kontakt mit diesen Kleinwelten nimmt die Natur einer Fixierung an und verleiht dem Blick etwas Starres, der Übergang zwischen ihnen muß sprunghaft erfolgen und bringt ein unstetes Element in den Blick. Schon bei dem noch gesunden Nietzsche (IX, 3) war uns diese Vereinigung von Starrheit und Unstetheit ein gefährliches Anzeichen, es verliert die letzte lebhafte Eigenorientierung bei dem Schneider vom Steinhof (XII, 9). Die Fremdheit des Blicks, die für den Wahnsinnigen so charakteristisch ist, wird unterstrichen durch das Hinschauen auf bestimmte Punkte, die doch nicht der realen Außenwelt angehören, also durch Konvergenz der Augachsen bei mangelnder Akkommodation, die bei ruhig lebhaftem Blick (Carl Löwe VI, 8) uns so sehr als Zeichen von Phantasie anmuten.

Naturgemäß finden sich in der abnormen Physiognomie besonders häufig urtümliche (archaische) Ausdrucksformen vor, verbunden mit ebensolehen Körperformen. Vor jedem Wettbureau ergibt sich Gelegenheit zu solchen physiognomischen Studien (Fig. 43). Kaum ein normales Gesicht: schon körperbaulich trägt der eine eine zu große, gekrümmte Nase, der andre ein vorstehendesKinn, der dritte einen ganz schmalen Kopf. Ausdrucksmäßig findet man alle Musterbeispiele von Spuren der Leidenschaften: breitgefletschten Mund, ausgewulstete Lippen, unsymmetrische Züge, eingefallene

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