Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

— Illuſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

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land an den Dardanellen \<hwer verwunden zu können, mußte England — das ja für die Dardanellenkämpfe den Ton angibt — den Verſu< der Bedrohung Konſtantinopels

dur< einen geſteigerten Angriff auf die Dardanellen wiederholen. Dieſer erneute Verſu<h wurde mit den denk |"

bar gewaltigſten und großartigſten Mitteln begonnen. Unter dem Wirbelſeuer der Shiffsgeſhüße gelang die Landung einer Armee auf türkiſhem Boden. Damit iſt aber au< alles gemeldet, was nah einem Erfolg ausſehen könnte. Wohl haben die engliſhen und franzöſiſhen Söldnerheere, ein re<t buntes Völkergemiſ<h, auf Gallipoli feſten Fuß gefaßt. Aber trot der blutigſten Opfer, troß übermähtiger Anwendung der verheerendſten Kriegsmittel ſind ſie ſeit vielen Wothen keinen Schritt vorangekommen. Der Strand von Seddul Bahr iſt beſät mit dem Zeltlager und den Stapelpläßendex Landungsarmee (ſiehe untenſtehendes Bild); Transportkähne und Dampfer bringen ununterbro<hen Material, Menſhen und Tiere na< dem Landungsplaß und nehmen zerſ<metterte Kriegsmaſhinen und — zerſ<hmet= terte Menſchen in Mengen mit zurü>. Alles rüſihtsloſe Draufgehen, alles noh ſo freigebige Nachſchieben hilft nihts.

Der lette übermenſhlihe Verſuh, den harten Ver-

_ teidigungsring endlih zu ſprengen, geſhah in der Dax-

danellenſhla<ht vom 22./23. Juni. Der türkiſhe Bericht ſagt von ihr, daß ſie an Heftigkeit und Erbitterung alle vorangegangenen Kämpfe in den Schatten ſtelle. Nah ungeheuerliher Artillerievorbereitung ſeßten die engliſ<hfranzöſiſhen Sturmkolonnen zum Angriff an. Farbige und Weiße kamen bis diht an die türkiſhen Linien. Erſt als der Gegner ſi< voll entwidelt hatte, traten dort die Maſchinengewehre und Schützen in Tätigkeit. Deutſche Diſziplin hob das Feuer der türkiſhen Shüßen zu höchſter Wirkung. Die engliſ<h-franzöſiſhen Kolonnen wurden buh-

ſtäblih weggemäht. Wo ſie ſtellenweiſe die türkiſhen Gräben erreihten, mußten ſie im Nahkampf dem heißblütigen, ehrlihen Grimm der türftiſhen Soldaten unterliegen. Dann ſtießen die Türken zum Gegenangriff vor. Die Engländer und Franzoſen wiſſen ſhon, was es heißt, dem türkiſhen Soldaten bei ſeinem Sturmangriff zu begegnen. Sie wiſſen, daß dem ſtürmenden Türken gegen-

über die Flucht der beſſere Teil der Tapferkeit ift.

Der Anſturm vom 22./23. Juni war wieder vollſtändig ergebnislos und blutiger als jeder vorangegangene. Nah der vorſihtigſten Schäßung hatten die Angreifer allein 7000 Tote. Von Kampfzeugen wird aber betont, daß die Zahl der Toten mit 12 000 niht zu ho< angegeben ſein dürfte.

Von der fürhterlihen Höhe der Menſchenopfer, die der

Dardanellenſturm koſtet, kann man ſi< einen ungefähren

Begriff machen nah den Angaben eines Fremdenlegionärs aus Lauſanne, der vor den Dardanellen ſ<wer verwundet

wurde und einige Briefe an ſeine Eltern richtete, die in der Lauſanner „Revue“ veröffentliht wurden.

Zunächſt drückt er ſeine „Verblüffung“ über die hoff=nungsvollen Zeitungsberihte von den Dardanellenkämpfen aus und dann mat er auf Tatſachen beruhende Zahlenangaben. Bei der erſten Landung am 28. April blieben von den 1300 Mann ſeiner Abteilung 130 übrig. Sie erhielt 800 Mann Verſtärkung. Aber nah zwei Bajonettangriffen am 8. Mai zählte die Abteilung wieder nur no< 300 Mann. Mit neuen Verſtärkungen in der Höhe von 1200 Mann rüdte die Abteilung am 1., 2. und 4. Juni ins Gefecht. Auch jezt kommen nur 300 bis 400 zurü>, gut die Hälfte mit ſo ſ{<weren Verlegungen, daß ſie als völlig kampfunfähig abgeſhoben werden müſſen. Außerdem wurde an Dieſem Tage ein Linienregiment, ein Kolonialregiment und ein auſtraliſ<hes Regiment faſt vollſtändig vernichtet.

Der Strand von Seddul Bahr mit dem Feldlager der engliſchen Landungsarmece-

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