Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

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Illuſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15. 111

dem nördlihen Kriegſchauplaß, beſonders an der Windau, ſüdlih des Njemen, nordöſtlih Suwalki und ſüdli< Kolno größere Ereigniſſe in Fluß tamen. Hier meldete der Bericht 92400 Gefangene und 8 Maſchinengewehre. Der wichtigſte Teil desſelben beſchäftigte ſih aber mit der Beſeßung der im Februar heiß umſtrittenen, von den Ruſſen ſtark ausgebauten Stadt Prasznysz. Dieſer ſhöne Erfolg erhellte gleih einem Bli die Lage auf dieſem Kriegſchauplaß. Er fonte nur den Auftakt zu Ereigniſſen von größerer Wichtigkeit bedeuten. Am 16. Juli begann in der Takt auf der ganzen Linie, im Norden und im Süden, der große Kampf aufs neue mit dem allſeitigen Vorgehen der verbündeten Heere, das je länger je ſtärker die ganze Welt in Atem hielt, weil nun Entſcheidungen fallen mußten, die das Schifſſal des ruſſiſhen Heeres zu beſtimmen geeignet erſchienen. Die neue große Angriffsbewegung der verbündeten Heere war im vollſten Sinne des Wortes aufs Ganze gerichtet. Warſchau und der ganze polniſhe Feſtungsgürtel ſollten fallen und die ruſſiſhe Armee zum verluſtreichen Rücßzug oder zur Umflammerung und vollſtändigen Vernichtung gebracht werden.

Auch zur See haben wir in den leßten Monaten im Kampf mit Rußland hin und wieder einen Erfolg erzielt,

wenn wir au< für den Monat Juli. den Verluſt eines

unſerer kleineren Kriegſchiffe zu bedauern haben. Am

um weit überlegene feindlihe Streitkräfte: die ruſſiſhen Panzerkreuzer „Admiral Mafkaroff“, „Bajan“, „Bogatyr“ und „Oleg“, die aus einer Entfernung von 8 Kilometern auf unſere „Augsburg“ und den in ſeiner Nähe ſtehenden „Albatros“ das Feuer eröffneten. Da „Albatros“ gegenüber dieſen großen Kreuzern keine Gefehtsfraft beſaß und ihnen auh an Geſ<hwindigkeit und damit Manövrierfähigkeit bedeutend unterlegen war, erhielt er Befehl ſi< auf Gotland zurüzuziehen, während „Augsburg“ die weiter öſtlih ſtehenden Kreuzer „Roon“ und „Lübe>“ herbeirief und im Vertrauen auf ihre größere Geſhwindigkeit verſuchte, das Feuer der feindlihen Schiffe vom „Albatros“ auf ſi abzulenken. Die feindlihen Kreuzer klebten aber hartnädig am „Albatros“. Für dieſen beſtand gar keine Möglichkeit, aus dem Feuerbereih der übermächtigen ruſſiſhen Schiffe zu entkommen. Es nüßte ihm auh nihts, daß er na< Zzweiſtündigem Gefeht die \<wediſhe Hoheitsgrenze er-

reihte. Die Ruſſen feuerten unbekümmert um die ſ<hwediſhe

Neutralität weiter. Der Kommandant des „Albatros“ ent\<loß ſih deshalb, das von zahlreihen \<hweren Treffern le> geſchoſſene Schiff bei Deſtergard auf Gotland an den Strand zu ſegen. 100 Meter von ihm entfernt lief der „Albatros“ auf. Er hatte 21 Tote und 27 Verwundete. Über ihre Aufnahme dur die ſhwediſchen Behörden und die

Hofphot, Kühlewindt, Königsberg i. Pr.

Praszuysz3 nah der Einnahme am 20. Juli 1915.

99. Mai bewarf ein deutſhes Flugzeug 25 Seemeilen öſtli< von Gotland ein ruſſiſhes U-Boot vom Akula-Typ mit Bomben. Erſt einen Monat ſpäter hörten wir aus ruſſiſcher Quelle, daß dieſes Unterſeeboot verſenkt ſei. Jn: der balztiſhen Flotte der ruſſiſhen Marine gibt es nur ein U-Boot mit dem Namen „Akula“. Dieſes iſt 1908 ‘vom Stapel

gelaufen, verdrängte 37 Tonnen, hatte eine Geſchwindigkeit

von 13 Seemeilen über und 9,5 unter Waſſer und war mit vier 45-cm-Torpedolancierrohren bewaffnet.

Einen ebenſo exrfreulihen Erfolg wie die Vernichtung dieſes ruſſiſ<hen U-Boots erzielte anfang Juni eiftes unſerer U-Boote bei Baltiſhport im Finniſhen Meerbuſen dur< Torpedierung eines ruſſiſ<hen Minenfreuzers der Amurklaſſe.

Bei der baltiſhen Flotte der ruſſiſhen Marine muß es

im Juni zu \<hweren Meutereien gekommen ſein. Gegen Ende Juni verbreiteten ſi< Gerüchte, daß verſchiedene höhere Offiziere der baltiſ<hen Flotte ermordet ſeien. Die rumäniſche Zeitung „Dimineata“ trat am 25. Juni mit der beſtimmten Nachricht hervor, daß am 16. Juni der

Admiral der baltiſhen Flotte und ſein ganzer Admiralſtab_

einem Mordanſchlag zum Opfer gefallen ſeien. Dieſe Nahrihten fanden feinerlei Beſtätigung, ſie wurden aber auh — E

Um 2. Juli gegen ſe<s Uhr morgens traf _na< dem Bericht unſeres Admiralſtabes ein Li fere Oſtſeekräſte bei ſfrihweiſe unſihtigem Wetter zwiſchen Gotland und Windau auf ein ruſſiſhes Geſhwader. Es handelte ſih

Bevölkerung Gotlands berihteten wir ſhon unter dent Bilde auf Seite 60. :

Schon am nächſten Tage nah dem Seegefeht wurde der- ſ<hwediſhe Geſandte in Petersburg - beauftragt, gegen die ruſſiſhe Mißachtung ſhwediſ<hen Hoheitsgebietes Verwahrung einzulegen. Die ruſſiſhe Regierung drüd>te daraufhin ihr Bedauern aus und bekundete ihre Abſicht, die <hwediſhe Neutralität entſ<hieden zu aten. Sie habe dementſprehende Weiſungen erteilt, um Wiederholungen ſolher Vorkommniſſe unmöglih zu machen.

Der für uns betrübende Zwiſchenfall, der uns den Verluſt eines unſerer Schiffe brachte, iſt natürlich für unſere Stärke zur See gegenüber der ruſſiſhen Flotte von völlig untergeordneter Bedeutung.

Der Zuſammenbruch der ruſſiſhen Herrſchaft in Galizien, der den Feind allein um über eine halbe Million Gefangene ſ<hwähte, wirkte naturgemäß am niederſhlagendſten in Rußland ſelbſt. - Wie große Mühe ſi<h auch die ruſſiſche Regierung gab, den rieſigen Umfang der Niederlage zu verſchleiern, ſo vermochte ſie doh niht zu verhindern, daß ſogar auf Grund ihrer eigenen militäriſhen Berichte in immer weiteren Kreiſen Rußlands die Auſfaſſung um ſich griff, daß der mit ſo vielen Hoffnungen und hohgeſpannten Erwartungen begonnéène Krieg ſür Rußland verloren ſei.

In Deutſchland und Öſterreih-Ungarn aber durfte man dankbaren Herzens auf einen raſhen und guten Fortgang der gemeinſhaftlihen Sache hoffen. (Fortſetzung folgt.)

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