Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

154 Illuſtrierte Geſchihte des Weltkrieges 1914/15. -

Preſſe=Photo-Vertrieb, Berlin, Franzöſiſche Blindgänger verſchiedenen Kalibers.

abermals Mülhauſen zu beſetzen, fo verdankten die Fran=zoſen dieſen Erfolg niht zuleßt dex Eiſenbahnlinie, die Belfort mit Mülhauſen verbindet, bei Valdieu (Gottestal) auf deutſhes Gebiet übertritt und dann über Dammer=fir<h—Altkirh dem Rhein zu führt. Auf dieſer Bahn konnten die bei Mülhauſen geſ<lagenen Franzoſen re<tzeitig Ver=ſtärfungen aus Belfort herbeiſhaffen, die ZWwi=

_nux dem Militärverkehr übergeben. werden.

des zerſtörten Eiſenbahnviadufts. Mehrere hundert Arbeiter,

“ darunter au viele Italiener, wurden herangezogen, um

den Shutt wegzuräumen und die zerſtörten Pfeiler neu aufzuführen. Ganze Eiſenbahnzüge ‘voll Material wurden herbeigeſchafft, die nahen Wälder und Scneidemühlen lieferten Holz zu dem gewaltigen Gerüſt, das zu beiden Seiten des ſtellenweiſe bis zu 25 Meter hohen Viadutís emporwuhs. Im Winter erſchwerten Kälte und Ho-

_waſſer die Bauarbeiten, die viele Monate in Anſpru<

nahmen und oft von der Beſchießung dur< deutſhe Artillerie und Flugzeuge gefährdet wurden. Ende Mai war es den Franzoſen endlih gelungen, die zerſtörten Bogen wiederherzuſtellen und den Viadukt betriebsfähig zu machen. Die Belaſtungsprobe war bereits abgehalten worden, und am 14. Juni, dem Jahrestag von Marengo und Friedland, ſollte der Viadukt im Beiſein des franzöſiſhen Generalſtabes unter den Klängen der Marſeillaiſe eingeweiht und ZunäGſt

man Pfeiler, Bogen und Gelärider mit Tannengirlanden und Maibäumen geſ<hmüd>t und dazwiſchen in maleriſ<hem Bunt unzählige blauweißrote Fähnchen und Sqhhleifen angebraHht. Mit \<metternden Fanfaren wollte man ein Freudenfeſt

auf der „erlöſten“ elſäſſiſhen Erde feiern — allein es fam

anders. . An dem karen Sonntagmorgen des 30. Mai erſchienen

in aller Frühe drei deutſ<he Flieger in einer Höhe von etwa _

9500——3000 Metern über Dammerkir<h. Sie freiſten mehr-

mals, als wollten ſie ſi< über einen beſtimmten Punkt untex=

rihten, über der Stadt, unbekümmert um das Feuer der franzöſiſhen Abwehrkanonen, das ihnen feinen Shaden Zufügen konnte. Gegen dreiviertel ſieben Uhr ſtanden ſie nahe=zu ſenkre<ht über dem Bahnviadukt; der eine hielt wenige Augenblie faſt ſtill in der Luft — offenbar hatte ex auf drahtloſem Wege den etwa 7/4 Kilometer entfernten deutſchen

Stellumgen eine Meldung gemat. Wenige Minuten ſpäter“

fam ſhon die Antwort herüber: ein weißes Wölkhen blißte am hellblauen Horizont auf, flog ſingend, pfeifend und

\hen Ältkirh und Dammerkirh ihren Rüczug zum Stehen brahten und zugleih ‘die Forts von Belfort vor einem weiteren Vordringen der deutſhen Truppen ſhüßten. Den großen ſtrategiſchen Wert dieſer Eiſenbahnlinie, die in dem hügligen Berggelände der Vogeſen militäriſ<hen Maßnahmen in Hervorragender Weiſe zuſtatten fommt, wußten die Franzoſen ſehr wohl zu ſhäßen, und aus dieſem Grunde ſprengten ſie, nahdem ſie Ende Auguſt in=folge der Niederlagen in Lothringen und des deut=hen Vormarſches auf Paris Zur endgültigen Räu=mung Mülhauſens und des Oberelſaſſes geZwUn= gen worden waren, Den großen CEiſenbahnviadukt, der zwiſchen Dammerkir<h und Altkirh auf eine Länge von mehreren hundért Metern das Illtal überbrüd>t, ſtellenweiſe in die Luft, na<hdem das großartige Bauwerk ſ<on während des Kampfes mehrfa< von deutſcher Artillerie beſchädigt worden war. Die Franzoſen ſuchten dur< Zerſtörung der Eiſenbahnverbindung das deutſhe Vorgehen gegen Belfort zu hemmen, in Wirklichkeit aber ſhadeten ſie nur ſih ſelbſt; denn die deutſche Heeresleitung verzichtete von Anfang an auf größere Unterneh- mungen im Elſaß und beſonders gegen Belfort: man begnügte ſi<h damit, den Feind in Schah zu halten, während die Würfel der Entſcheidung în Nordfrankreih fallen ſollten. Jm Laufe des Stellungsfrieges, der ſi allmählih im Vorgelände von Belfort entwi>elte, gelang es den Franzoſen, wieder über Dammerkirh, wo der Stab der fran=zöſiſhen „Armee des Elſaſſes“ ſein Hauptquartier aufſ<lug, in Richtung auf Altkirh vorzudringen und ſih dieſer Stadt bis auf wenige Kilometer zu nähern. Zu ernſtlihen Kämpfen kam es indes auf dieſem Kriegſhauplaße niht; offenbar fühlten ſih die Franzoſen zu einem Durchbruhhsverſuh nah dem Rhein zu ſhwach, oder ſie hielten den günſtigen Augenbli> hierfür noh niht für gekomnen. Unermüdlih waren ſie damit beſchäftigt, ihre Stellungen auszubauen, Verhaue Und Gräben an-

Schon hatte

zulegen, und ganz beſondere Auſmerlſamkeit unD Sorgfalt verwandten ſie auf die Wiederherſtellung

Franzßſiſcher Axtilleriſt beim Abfeuern eines Lufttorpedos.

Ss Péot. Berl, Fluuſtrat,-Geſ. m DH