Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15., page 432

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- ausgeſeßt geweſen wären.

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_Jlluſtrierte Geſchichte des Melifrieges 1914/15.

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zu gebieten. Bombenſichere Unterſtände wurden geſchaffen, ein Labyrinth von Wolfsgruben, Minen und Drahtver-

hauen angelegt, jeder SHüßengraben mit Maſchinenge-=

wehren, Revolverkanonen und Bombenwerfern geradezu geſpi>t, ſo daß die franzöſiſchen Stellunigen, deren Verteidigung man nur kampferprobten Truppen anvertraute, ſ<lehterdings uneinnehmbar erſheinen mußten. Troßdem tamen unſere tapferen Feldgrauen vorwärts und eroberten in heißem Ringen vom 20. Juni bis 13. Juli die Werke Labordère, Central, Cimitière, Bagatelle und die Höhe 285. Damit hatten ſie den vorderſten Hang der franzöſiſhen

Höhenſtellungen erreiht; es galt jeßt no< den Gegner

von der anderen Seite wie vom Rand der Höhen zu vertreiben. Sier bildete das na< der Farm Marie-Thérèſe benannte Werk den Hauptſtüßzpunkt der Franzoſen, die es mit vielen Unterſtänden, Blo>häuſern und Beobachtungſtellen ausgebaut hatten. Auf der vorſpringenden „Eſelsnaſe“ und dem St.-Hubértus-Rü>en gelegen, ſiel es ſenkre<t zu beiden Ufern des Charmebaches ab, im Bogen in unſere Linien hineinragend. Dieſes Werk ſamt ſeinen zahlloſen Gräben, die es in mehrfahem Kranze umgürteten, ZU er= obern, war das Ziel des Angriffs, den am Morgen des 9. September die unter der Führung des Generals v. Mudra

__ (ſiehe Bild Seite 269) ſtehenden Truppen unternahmen.

Wenige Tage vorher hatten ſie bereits das Werk St.-Martin erſtürmt, das am -weiteſten gegen unſere Front vorgeſhoben war. Von Marie-Thérèſe aus hatten die Franzoſen wochenlang unſere Stellung mit Wurfminen beſchoſſen und dabei den Wald, der an den Abhängen grünte, hinweggeſegt, daß niht einmal mehr ein Baumſtumpf auf E tahlen, von Granaten aufgewühlten Lehmfeld übrig ieb.

Um 8 Uhr morgens begann unſere Artillerie die feindlihen Stellungen ununterbrochen bis 11 Uhr zu beſchießen, um den Sturmangriff der Infanterie vorzubereiten. Die Wirkung dieſes Artilleriefeuers muß furhtbar geweſen ſein, denn gefangene Franzoſen ſagten aus, daß ſie ſelbſt bei Arras und Ypern keiner derartig verheerenden Beſchießung Um 11 Uhr verſtummten- die Kanonen, und württembergiſche, reihsländiſhe und preußi[he Regimenter ſtürmten aus ihren Gräben auf die feindlihen Stellungen. Eine halbe Stunde ſpäter hatten ſie ſhon die vorderſten Gräben erobert, obwohl ſi<h die Franzoſen mit größter Tapferkeit zur Wehr ſeßten und ihre Artillerie ſie dur< ungeheure Muünitionsverſ<wendung zu untexrſtüßen ſuchte. bahnten ſih die Württemberger den Weg zu den Schanzen

Mit Handgranaten und Gewehrkolben

des Werkes Marie-Thérèſe, aus deren Unterſtänden und BVlo>häuſern ſie ein Hagel von Geſchoſſen empfing. Trogdem aber gelang es den Angreifern, auh hier über die Bruſtwehren ins Herz der feindlihen Stellungen einzudringen, und wenige Minuten na< 12 Uhxc hatten unſere Feldgrauen das ganze Werk Marie-Thérèſe in feſtem Beſitz. In einer Breite von über 2 Kilometern waren Unſere Trup=pen 300 bis 500 Meter tief in die franzöſiſche Front ein=

gedrungen und behaupteten das eroberte Gelände ſiegreih

gegen alle no< ſo wütenden Gegenangriffe des Feindes.

Was dieſem Sieg noh beſonderen Glanz verleiht, das iſt die große Beute, die in die Hände unſerer Truppen fiel: außer 2050 Gefangenen der verſchiedenſten Regimenter verloren die Franzoſen an dieſem Tage allein 50 Maſchinen= gewehre, 48 Minenwerfer, eine Revolverkanone, 100 große Flügelminen und eine große Menge anderes Kriegsmate=

rial, das in dem eroberten Schanzwerk aufgehäuft war.

Es war ein Sieg, auf den unſer Volk und Heer ſtolz ſein durfte, und es war die beſte Antwort auf die prahleriſ<e Prophezeiung des franzöſiſ<hen Oberbefehlshabexrs, der erſt wenige Tage vor unſerem großen Argonnenſieg ſeinen Truppen verkündet hatte, daß die bevorſtehende Offenſive | den H die Ufer des Rheines tragen werde. :

Kriegsgeld.

Unter den vielen merkwürdigen Dingen, die uns der Weltkrieg beſcherte, ſteht niht an letter Stelle und als durchaus haraËteriſtiſ<hes Zeichen für die veränderten Verhältniſſe das Kriegsgeld. Erſt kamen die Zwei- und Einmarïkſcheine, dann als Schluß gewiſſermaßen der eiſerne „Kriegsſe<hſer“, das Fünfpfennigſtü>k, das wir nur in Ni>el geprägt zu ſehen gewohnt waren. Aber Nickel war ſelten geworden bei uns, denn ſeine Hauptfundorte ſind Neukaledonien und Kanada. Das Kriegsgeld iſt eine alte Erſcheinung. Wir kennen es bereits aus dem alten Rom, wo in den hannibaliſhen Kriegen- die Staatsfinanzen im Uäglihſten Zuſtand waren und man ſih entſ{loß, die Silber- und Kupfermünze zu verringern, den geſeßlihen Kurs des Silberſtü>s um mehr als ein Drittel zu erhöhen umd eine Goldmünze weit über den Metallwert auszugeben. Die bei Schaffung des römiſchen Kriegsgelds üblichen Maßnahmen wurden auh für alle kommenden Zeiten beîi= behalten in allen Staaten und in allen großen Kriegen. Entweder erhielt das vorhandene Geld einen weit e Den üblichen hinausgehenden Kurs oder das neugeprägte “ward in einer Legierung hergeſtellt, die zu dem

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Nennwert des Stücks in feinem Verhältnis ſtand. Eine große Rolle ſpielte Das Kriegsgeld im DreiBigjährigen Krieg, wo zum Beiſpiel der vollz wichtige Speziestalexr, Ur= ſprünglich gleih 68 Kreuzern, ſ{hließli<h auf den Nennwert von 600 Kreus= zern in dex vorherrſhen=den ſhle<ten Münze ſtieg. Von den dama=ligen Münzverhältniſſen fann man ſich eine unge=fähre Vorſtellung machen, wenn man hört, daß man vom Silber allmähli<h zu faſt reinem Kupfer Üüber= ang, das nur Mapp weißgeſotten wurde, daß \hließli<h au< das Kupfer zum Münzen noch zu gut war und man wie in Leipzig einfa<h ed>ige Blechſtü>e ſtempelte und als Kleingeld ausgab. Nicht ganz ſo arg, aber no< ſ{<limm genug, ging es im Siebenjährigen

Eine Straße in Semendrxia nach der Erſtürmung am 11. Oktober 1915.

Krieg zu, wo Unter Fried=

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