Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.

Am Periſkop eines Unterſeebootes. :

Die deutſhe Regierung betonte in ihrer Antwort vom

28. Mai zwar, daß ſie in offener und freundſhaftliher Weiſe zur Aufklärung etwaiger Mißverſtändniſſe ſih bereit halte, mußte aber ganz ſelbſtverſtändlih im vollſten Ein= verſtändnis mit dem ganzen deutſhen Volke die außergewöhnli<h weitgehenden amerifaniſhen Forderungen in ihre Grenzen zurü>weiſen. Den ausweihenden Wortwendungen Wilſons hielt ſie die Wahrheiten entgegen, daß die engliſhe Regierung dur< die befohlene und ausgeführte Bewaffnung aller Handelſchiffe den Unterſchied zwiſchen Kriegs- und Handelsflotte vollſtändig verwiſht habe, daß inſonderheit die „Luſitania“ mit Geſhüßen ausgerüſtet ge= weſen ſei, daß dieſes Schiff ferner in weitgehendſtem Maße Kriegsfkonterbande mitgeführt habe und die deutſhe Regierung in gerehter Selbſtverteidigung die Verhinderung der Ankunft dieſer gefährlihen Ladung mit allen Mitteln anſtreben mußte. Gerade die Ladung mit Exploſivſtoffen habe ja auh den ungeahnt ſ<hnellen Untergang des Rieſendampfers und damit den Tod ſo zahlreiher Fahrgäſte verurſaht, niht etwa ſhon der eine Torpedotreffer. Dieſe Tatſachen empfahl die deutſ<he Regierung der amerikaniſchen zu aufmerfſamer Prüfung und erklärte, bis dahin ihre endgültige Stellungnahme zu den amerifaniſhen Forderungen ausſeßen zu wollen. Gleichzeitig wies ſie zur Kennzeichnung ihrer verſöhnlihen Grundſtimmung darauf hin, daß es niht an ihr, ſondern ganz allein an der großbritanniſhen Regierung liege, wenn die dankenswerten, London und Berlin unterbreiteten amerikaniſ<hen Vermittlungsvorſ<hläge für eine Änderung des Seefrieges zwiſchen

Deutſhland und England no< zu keinem Ergebnis ge-

führt. hätten.

Die deutſhfeindlihe Preſſe der ganzen Welt, beſonders auh die engliſ<h-amerikaniſhe der Vereinigten Staaten, verſuchte die ntſ<loſſene, von dem Bewußtſein ſeines natürlihen Rechts eingegebene Antwort Deutſchlands zum Hebel eines ernſten Zwiſchenfalls zwiſchen Deutſchland und Amerika zu machen und re<hnete mit dem offenen Eintritt Amerikas in die Reihe der Feinde Deutſchlands. Der Widerſtreit der Meinungen machte ſi< in der amerikaniſchen Regierung ſelbſt ſo ſtark bemerkbar, daß der ameri-

Phot. Gebr. Haed>el, Berlin.

faniſhe Staatsſekretär des Auswärtigen ſih wegen [einer ſtarken Meinungsverſchiedenheit mit Wilſon über die Be=handlung der deutſ<hen Antwort zur Niederlegung ſeines Amtes und zum Austritt aus der Regierung entſ<loß.

Bryan, der ſi< zu Beginn des Krieges wiederholt als

deutſ<feindlih erwieſen hatte, ſuchte jeßt ſeine Deutſh=freundlihkeit den mächtigen deutſ<h-ameritaniſ<hen und iriſchen Parteigruppen dadur< zu beweiſen, daß er als Frie-

densvorfämpfer in aller Öffentlichkeit mit der ganzen Be-

trieb]amfeit des zünftigen Volksredners hervortrat und beſonders au< die Bewegung zum Verbot des amerikaniſhen

Woaſfen- und Munitionshandels mit den Kriegführenden redneriſ<h unterſtüßte. :

Amerika ſchritt keineswegs zu irgendwelhen beſonders bedrohlihen Maßnahmen als Antwort auf die deutſhe Erwiderung ſeiner Proteſtnote, ſondern blieb auf der Bahn \hriftliher Auseinanderſeßungen und übergab der deutſ<hen Regierung unter dem 12. Juni eine neue Note. Darin beſtreitet ſie die Bewafſnung der „Luſitania“, läßt die Beförderung von Kriegsftonterbande wegen der Anweſenheit

_zahlreiher amerifaniſ<her Bürger an Bord des Schiffes

niht als geſezmäßigen Grund für das deutſhe Verfahren gelten, gibt der Meinung Ausdru>, daß dex deutſhe Unterſeebootfommandbant die „Luſitania“ erſt hätte unterſuchen oder unmittelbar vor der Verſenkung mindeſtens hätte warnen müſſen, und beharrt auf der Forderung der Ände=-

rung des deutſchen Unterſeebootkampſes. Die Note war

aber fo entgegenkommend gehalten, daß ſie die Fortſezung eines ruhigen Meinungsaustauſches ſeitens der deutſchen Regierung niht unmögli<h machte, wenn auh vom deutſchen Standpunkt die Ausführungen Wilſons, die ſi<h ſo vollz ſtändig nur an den Wortlaut des Völkerrehts und völker= re<tliher Beſtimmungen hielten und ſo ganz und gar

die dllbefannten vertragsbrühigen Maßnahmen Englands

und ſeine verbreheriſ<he Kampfesart gerade zur See außer aht ließen, mindeſtens ſtark befremden mußten. Die deutſhe Regierung machte dem ganzen Wortgefe<ht dadur<h ein plößlihes Ende, daß ſie in ihrer Antwort vom 8. Juli dankbar das Eintreten Amerikas für die Grund\äße

Phot, Gebr, Haeckel, Berlin. Blik in den hinteren Raum eines Unuterſeebootes. Ju der Mitte ein Torpedorohx, vorn die Luftpumpen.