Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten, page 199

Reformvorſchlägen als Vorbedingung aufſtellte, nämlich, indem ſie die Erwartung ausſprach, es werde die k. k. Regierung mit allen moraliſchen Mitteln - auf die Dämpfung des Auſfſtandes einwirken. Zum erſten Male ſeit dem Ausbruh des Aufſtandes in der Herzegowina trat eine friedlihe Löſung der Schwierigkeiten in nahe Ausſicht. Auch das Kriegsſieber in Serbien hatte nachgelaſſen, ſeitdem die energiſ<hen Einwendungen Oeſterreihs und Rußlands ſi< geltend gemacht, und es erfolgte der natürlihe Rückſchlag. Fn officiellen Kreiſen wurde nah diplomatiſchen Entwürfen gefahndet, um mit deren Beſprehung den nothwendig gewordenen Rü>kzug in der Krieg8frage zu masfiren. Es war viel von der Wiederaufnahme einer alten, ſhon unter Fürſt Micha el und unter der Regentſchaft beſprochenen Jdee die Rede, der ſogar {on einmal in Conſtantinopel Ausdru> gegeben worden.

Man ſtrebte na< nihts Geringerem, als daß die Pforte die Provinz Bosnien als Lehen in die Verwaltung Serbiens gegen éinen jährlihen Tribut von fünfzigbis ſe<hzigtauſend Ducaten übergehen laſſe. Man hatte niht nur die Vertreter der Großmächte in Belgrad von dieſem Plane unterhalten, ſondern auh beabſichtigt, denſelben abermals in Conſtantinopel zur Sprache bringen zu laſſen. Zu leßterem Zwe>e hätte der bisherige ſerbiſhe Agent Magazinowitſ< von Conſtantinopel abberufen und dur< Riſtics, als die hierzu geeignete, gewandte und energiſche Perſönlichkeit, erſeßt werde ſollen. Aber die fremden Diplomaten machten geltend, daß für die Anregung und Verfolgung eines ſolchen Planes der gegenwärtige Zeitpunkt beſtimmt niht günſtig ſei. Jn Conſtantinopel erklärte ſi< General JFgnatieff gerade heraus gegen die Abſicht der ſerbiſchen Regierung, mit einer derartigen Miſſion Riſtics betrauen zu wollen. Es machte der ruſſiſhe Botſchafter den ſerbiſhen Regierungsfreiſen gegenüber fein Hehl aus dem überaus üblen Eindru>e, welchen ein derartiger Vorgang in jedweder Beziehung ſowohl bei der Pforte, als dem übrigen diplomatiſhen Corps in der türkiſchen Hauptſtadt hervorgebracht hätte. Erſt daraufhin wurde von der beabſichtigten Miſſion Riſtics* Abſtand genommen.

Während in Betreſf der Herzegowina die Hoffnungen auf endlichen Frieden ſtiegen, zeigte ſih in Bos nien, wo bisher der Auſſtand nur leiſe fortgeglimmt hatte, nun in hellen Flammen, Die ſtrengen Maßregeln, welche die öſterreichiſchungariſche Regierung gegen die Flüchtlinge ergriff, hatten ein der Pacification keineswegs günſtiges Reſultat erzielt. Die Agramer Landes-Generalcommando-Verordnung, es ſeien die Flüchtlinge zur Rü>kehr aufzufordern und ihnen zu bemer-

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fen, daß die Regierung ihnen die bis nun gewährte Geldunterſtüßzung entziehen werde, daß ſie ſich höchſtens eine Meile weit einwärts der Grenze aufhalten dürfen, widrigenfalls ſie „per Schuh“ in ihre Heimat befördert werden, dieſe Verordnung, wie auh das energiſhe Auftreten der politiſhen Beamten veraulaßten manche Flüchtlinge wieder die Waffen zu ergreifen und ſih auf bosniſhes Gebiet zu begeben. Und ſto gingen zwiſchen Slabinia und Dubißa bei einhundertfünfzig Mann unter Anführung des Marko Gjonada und neunundſehzig gut bewaſſnete Fnfurgenten unter Marko Bajaliba in das Kozara-Gebirg e, wo ihnen die Schluchten und Pfade wohl bekannt waren, über. Alldort erwarteten ſie Zuzüge von allen inſurgirten Orten. Den Hauptzuzug lieferte die Gegend Maidan und Prjedor, da dort die Erbitterung den höchſten Grad erreicht hatte.

Ebenſo war im weſtlihen Bosnien in der Gegend von Varoſch, alſo unweit der ſerbiſchen Grenze, eine neugebildete Fnſurgentenhaar aufgetaucht. - Dieſelbe hatte ſi<h aus den Trümmern der ſeiner Zeit dur< Noth und Elend geſprengten Schaar des bekannten Popen Zark o recrutixt. Wohl hielt Lebßterèr noh ſeine Winterraſt in einem Dorfe des Uczicaer Kreiſes in Serbien, aber man vermuthete, daß die neue Bande ſi unter ſeinem Schutze und mit der Ausſicht einer ſeinerſeitigen Uebernahme des Commandos über ſie gebildet habe. Weiters hatten auh die Fuſurgentenhäuptlinge Babitſch, Uzelay und Bilbija die Organiſirung einer fleinen FnſurgentenLegion beendigt.

Der Prätendent Peter Karageorgewitſ< hatte ebenfalls dur<h allerlei Mittel die ſtattliche Anzahl von 3400 Mann für ſeine Fahne geworben; als ex ſie aber einberief, brachte er faum ſiebenhundert Mann zufammen. Mit dieſen hatte er im Sinne, gegen Wiſchegrad zu marſhiren. „Prinz Peter“ hatte bisher fortwährend Mißgeſchi> gehabt. Man hatte ihm daher den Namen „der ſerbiſhe Don Carlos“ ertheilt. Gleih im Anfange ſeines Auftretens als der Aufſtand in Bosnien ausbra<h — commandirte ex daſelbſt, und zwar unter wechſelnden Namen, wie Merkunitſ\<, Petrowitſ< u. ſ.w., eine Abtheilung Jnſurgenten, welche er mit dem wohlklingenden Namen „Legion“ belegte und über welche ſi< insgeheim Feder wunderte, denn in Bosnien ließ ſih niht ſo leiht ohne Hilfe und erfahrene Leute ein ſol<hes Corps bilden, umſomehr, wo die Bevölkerung niht etwa wie die Ftaliener oder Polen für irgend welche freigeiſtige Jdeen ſi< zu begeiſtern vermag, ſondern nux dur<h an ihnen verübte Gewalt oder dur<h Verſprehungen und Vorſpiegelungen in Bewegung geſeßt werden kann.